Pat Metheny: Travels: Live In Concert (SACD-SHM)

Wenn Sie sich jemals ein Greatest Hits-Album der Pat Metheny Group gewünscht haben, dann ist Travels genau das Richtige für Sie. Dieses Doppelalbum, das aus den Tourneen der Gruppe im Jahr 1982 zusammengestellt wurde, ist ein absolutes Must-Have. Vom glitzernden Lotus der Melodie, der »San Lorenzo« heißt, bis zum noch überschwänglicheren »Phase Dance« sind alle erforderlichen Klassiker dabei. Wir bekommen auch eine gekürzte, wenn auch nicht weniger epische Version von »As Falls Wichita, So Falls Wichita Falls«, die sich hier wie eine lange filmische Überblendung ausdehnt und die Fenster weit öffnet für die verblüffende klangliche Bandbreite der Band. Und man kann kaum anders, als von den schwindelerregenden Höhen dieser Live-Version von »Are You Going With Me?« zu schwärmen Hier scheint die Studioversion nur noch eine Erinnerung auf dem Weg zum Ruhm zu sein und findet überschwängliches Leben in dem vielleicht besten Solo, das Metheny je aufgenommen hat. Eine absolute Bestätigung.

Doch der wahre Wert des Albums liegt in der Handvoll Songs, die es exklusiv enthält. Durch sie lernen wir die sanfteren Seiten von PMG kennen, die jeweils wie eine andere Schattierung von Leder poliert sind. »The Fields, The Sky« ist ein hervorragender Einstiegspunkt. Vasconcelos' unverwechselbarer Berimbau bildet einen äußerst melodiösen Hintergrund, während Metheny gleichzeitig fern und nah ist und einen langsamen und organischen Rückwärtsgang um das feurige Zentrum im Inneren windet. Vasconcelos ist auch die Stimme von »Goodbye«, einem verzweifelten Stück Briefpapier, auf dem Metheny einen herzzerreißenden Brief in Richtung eines wogenden Endes schreibt. Das passt gut zum Titeltrack, einer entspannten Aufnahme von Americana, die wie ein Schaukelstuhl auf der Veranda wirkt: einlullend und mit freiem Blick. Ähnliche Klänge erwarten uns in »Farmer's Trust«, einem langsamen Eintauchen in einen Ozean aus unbefahrenen Straßen, der durch das Zwitschern von Babyvögeln und das Rascheln der Blätter, die sie verbergen, vergoldet wird, und in den glatt gepflasterten schwarzen Straßen des synthiegetriebenen »Extradition« und »Song for Bilbao« Jedes dieser Stücke schleicht sich an wie Wolkenfetzen über dem Ödland, die von Keyboarder Lyle Mays in den Sonnenuntergang gesponnen werden. Aber es ist nicht alles nur Schmalz, wie Schlagzeuger Dan Gottlieb in dem belebenden »Straight On Red« beweist, in dem er das perfekte Sprungbrett für die meisterhaften Dialoge von Metheny und Mays bietet.

Reisen sind das, worum es den PMG geht, und das gleiche Album zeigt uns das Kollektiv in seiner besten Stunde. Wer die PMG zum ersten Mal hört, wird mit den Studio-Sessions beginnen wollen - insbesondere mit Offramp -, aus denen Travels zum Teil stammt. Auf diese Weise kann man den Enthusiasmus des Publikums nachvollziehen und zumindest einen Eindruck davon bekommen, wie es sich angefühlt haben muss, dabei zu sein. Mit einer Tiefe und Sauberkeit des Klangs, die keine andere Band erreicht, waren die PMG eine Kraft, mit der man rechnen musste, aber auch eine, die so einladend war, dass man nie mit ihr rechnen musste. Sie sind ein Ort, an dem sich Natur und Erziehung ein Paar Lungen teilen.

Rezensionen

W.Stiefele in Audio 9/86: »Auf CD klingen die Live-Aufnahmen eine Nuance reiner als auf dem Doppelalbum von 1983. Jetzt ist noch deutlicher nachzuempfinden,wie sich Pat Methenys Klangwolken über dem Publikum ausbreiteten.«
ROLLING STONE ALBUM GUIDE ***1/2