Rebecca Clarke: Klaviertrio (1921)
Klaviertrio (1921)
CD
CD (Compact Disc)
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- +Ravel: Klaviertrio a-moll
- Künstler: Gryphon Trio
- Label: Analekta, DDD, 2017
- Bestellnummer: 8085135
- Erscheinungstermin: 16.3.2018
Klaviertrio von Rebecca Clarke (1886 - 1979)
Die Anglo-Amerikanerin Rebecca Clarke war sowohl als Bratschistin als auch als Komponistin erfolgreich, zu einer Zeit, als Musikerinnen mit erheblichen Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert waren. Heute wird sie nicht nur für die Qualität ihrer Musik gefeiert, die mit der ihrer bekannteren männlichen Zeitgenossen mithalten kann, sondern auch dafür, dass sie spätere Generationen von Musikerinnen und Komponistinnen dazu inspiriert hat, ihren rechtmäßigen Platz im Zentrum des musikalischen Schaffens zu beanspruchen.
Clarke bewunderte Debussy, Ravel (mit dem sie konzertierte), Vaughan Williams und insbesondere Bloch, über den sie in Cobbetts Cyclopedic Survey of Chamber Music einen begeisterten Eintrag schrieb. Ihr glänzender Moment als Komponistin, den sie in ihrer zurückhaltenden Art als ihren »einen kleinen Hauch von Erfolg« bezeichnete, kam 1919, als ihre Bratschensonate – hinter Blochs Bratschensuite – den zweiten Platz in dem prestigeträchtigen, von anspruchsvollen Künstlern gesponserten Wettbewerb belegte Schirmherrin Elizabeth Sprague Coolidge, die gezwungen war, den Gleichstand der Jury zu brechen.
1921 gewann Clarke erneut den zweiten Preis bei Coolidges Wettbewerb, dieses Mal für ihr Klaviertrio, das sich zusammen mit der Bratschensonate als ihr ehrgeizigstes und beständigstes Werk erweisen sollte. Heute bilden sie das Fundament ihres Rufs als Komponistin mit tiefer Leidenschaft, exquisiter Sensibilität und Fantasie sowie tadellosem Handwerk.
Wie Ravel hinterließ Clarke ihrem Trio kein Programm. Aber wie bei Ravel lädt auch ihr Werk zu Spekulationen ein, dass die Schrecken des Ersten Weltkriegs ihre Spuren hinterlassen haben. Erschallen bei Ravels Trio am Ende Kanonaden, so schießen bei Clarke gleich zu Beginn die Kanonen. Inmitten der abprallenden perkussiven Dissonanz erklingt die Artillerie eines prägnanten, sich wiederholenden Mottos, das, oft verändert, in allen Sätzen auftaucht. Das grüblerische Hauptthema besteht zum Beispiel aus einem erweiterten Motto, während der Übergang zum sanfteren Nebenthema an einem anderen Ende verläuft, dessen ansteigende und fallende Quarte – ein eigenständiges Thema, das von Wissenschaftlern als »Signalhornruf« bezeichnet wird – weitere Glaubwürdigkeit verleiht die militaristischen Untertöne des Trios. Der Sonatensatz endet ruhig mit einem unruhigen Waffenstillstand.
Das sinnliche »Andante molto semplice« schwebt in dickflüssiger Melasse, aus der gelegentlich im Klavier funkelnder Sternenstaub hervorbricht. Eine unaufdringliche Melodie, deren Grundmotive frei in die Begleitung übergehen, vermischt sich mit zarten Streicherfarben, einschließlich Harmonik; Gegen diesen organischen Wandteppich klingt das Motto. Auch dieser Satz endet sanft.
Das abschließende tänzerische Scherzo wird durch Pizzicato, rhythmisches Kreuzspiel und Taktwechsel belebt. Einige Episoden schwelgen in purer Instrumentalfarbe. Die pulsierende Lebendigkeit der Musik wird jedoch durch ein Zitat des Eröffnungsfeuers unterbrochen. Das Klavier verweilt dann beim Signalhornruf, der melancholisch von den Streichern widergehallt wird, der Ruf versinkt in der Vergessenheit ... bis wie bei einem Überraschungsangriff das fröhliche Scherzo-Thema hereinbricht und in Es-Dur zu einem nachdrücklichen Schluss stürmt. »Auf diese Weise«, bemerkt der Wissenschaftler Bryony Jones, »ist das allgemeine Gefühl eher ein Blick nach vorne als nach hinten.« Dennoch entdeckt Jones im Scherzo selbst englische Country-Tanzthemen und die modale Harmonie englischer Volkslieder. Wenn also das Trio tatsächlich vom Krieg spricht, könnte dieser Rückblick Clarkes Versuch sein, – wie so viele ihrer Kollegen – Trost in der englischen Pastoraltradition zu finden.
Klaviertrio in a-Moll von Maurice Ravel (1875 - 1937)
Im Nachhinein ist es leicht, die krachenden Akkorde, kreischenden Triller und die allgemeine Kakophonie, die Maurice Ravels Klaviertrio abschließen, als klangliche – oder zumindest emotionale – Darstellung des Krieges zu verstehen, dem Frankreich Anfang August 1914 beitrat. Als der Krieg ausbrach Ravel hatte bereits fünf Monate an seinem Trio gearbeitet, aber kaum Fortschritte gemacht. Plötzlich arbeitete er »mit wahnsinniger Wut« daran, es bis Ende August fertigzustellen. Warum die Eile? Denn der patriotische 39-Jährige wollte sich verpflichten. Aber mit einer Größe von 1, 75 Meter und einem Gewicht von 45 Kilogramm schaffte er es nicht. »Leider bleibe ich hier und brodele vor Wut«, schrieb er. »Ich beeilte mich, mein Trio fertigzustellen, damit ich mitmachen konnte.« Aber sie haben festgestellt, dass ich zwei Kilogramm zu leicht bin.
Die vier kontrastierenden Sätze und die Klarheit des Ausdrucks des Trios stellen es direkt in die klassische Tradition – allerdings in die der französischen und nicht der deutschen Kammermusik. Instrumentalfarbe – insbesondere in den Streichern: Doppeloktavabstand, Harmonische, Tremolos, Pizzicato, Triller – zusammen mit häufigen Tempowechseln, Modalitäten und rhythmischer Fließfähigkeit sind die Schlüsselfaktoren, die Interesse und Kontrast erzeugen. Die sorgfältig ausgearbeitete Motiventwicklung und Tonartengestaltung des deutschen Sonatenstils fehlen weitgehend. Im ersten Satz werden beide Hauptthemen, inspiriert von der Volksmusik von Ravels baskischer Heimat, in a-Moll präsentiert, allerdings in unterschiedlichen modalen Schattierungen und über Dominant- bzw. Tonika-Pedal. In der Reprise werden dieselben Themen über entfernte Pedale schweben gelassen. Die Coda ist in C-Dur, dem relativen Dur, angesiedelt. Rhythmus ergänzt harmonische Flexibilität: von der geschmeidigen, organischen Wirkung der 3+2+3-Gruppierung bis zum naturalistischen, häufig schwankenden Tempo.
Ravel nannte den zweiten Satz »Pantoum«, offenbar nach dem malaiischen Pantun, einer poetischen Form, in der zwei eingangs erwähnte unterschiedliche Ideen gleichzeitig entwickelt werden. Als begeisterter Student der orientalischen Kultur und anspruchsvoller formaler Probleme gefiel Ravel die Struktur offensichtlich. Er führt seine beiden Themen, eines spitz, das andere sanft, durch ein kompliziertes Labyrinth, das den Konventionen der poetischen Form bemerkenswert gut folgt.
Der dritte Satz ist eine Passacaglia, deren langes, mäandrierendes Thema vom Klavierbass eingeleitet wird. Es folgen zehn fortlaufende Variationen, die sich auf- und abwärts aufbauen, wobei die Betonung durchgehend auf den offenen, perfekten Intervallen der Quarte und Quinte liegt. In seinen letzten Momenten löst sich das Thema auf, vielleicht eine unheilvolle Vorahnung des Zusammenbruchs des Friedens in Europa.
Ein ausgelassenes Finale, das wie der erste Satz in Sonatenform gehalten ist, führt das Werk zu einem mitreißenden Abschluss. »Die Orchesterstruktur und der sich ständig erweiternde Klang ergeben einen spannenden Abschluss«, bemerkt Roman Borys. »Das Ravel-Trio ist eine Säule des Klaviertrio-Repertoires und eines der großartigsten Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts.« Man muss sich auch fragen, ob die unbändige Energie des Finales die fieberhafte Entschlossenheit des Komponisten widerspiegelt, sich den Kriegsanstrengungen anzuschließen.
Ravel gab seine Versuche nicht auf und durfte schließlich als Lastwagenfahrer in die Armee eintreten. Bei einem gefährlichen Missgeschick blieb sein Lastwagen in einem Wald unweit der Front liegen. »Ich habe zehn Tage lang einen Robinson Crusoe gemacht, bis jemand kam, um mich zu retten«, schrieb er in seinem Bericht vom Mai 1916. Wenn Abenteuer das war, was er suchte, dann hat er es auf jeden Fall bekommen.
Copyright © 2017 Robert Rival
Die Anglo-Amerikanerin Rebecca Clarke war sowohl als Bratschistin als auch als Komponistin erfolgreich, zu einer Zeit, als Musikerinnen mit erheblichen Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert waren. Heute wird sie nicht nur für die Qualität ihrer Musik gefeiert, die mit der ihrer bekannteren männlichen Zeitgenossen mithalten kann, sondern auch dafür, dass sie spätere Generationen von Musikerinnen und Komponistinnen dazu inspiriert hat, ihren rechtmäßigen Platz im Zentrum des musikalischen Schaffens zu beanspruchen.
Clarke bewunderte Debussy, Ravel (mit dem sie konzertierte), Vaughan Williams und insbesondere Bloch, über den sie in Cobbetts Cyclopedic Survey of Chamber Music einen begeisterten Eintrag schrieb. Ihr glänzender Moment als Komponistin, den sie in ihrer zurückhaltenden Art als ihren »einen kleinen Hauch von Erfolg« bezeichnete, kam 1919, als ihre Bratschensonate – hinter Blochs Bratschensuite – den zweiten Platz in dem prestigeträchtigen, von anspruchsvollen Künstlern gesponserten Wettbewerb belegte Schirmherrin Elizabeth Sprague Coolidge, die gezwungen war, den Gleichstand der Jury zu brechen.
1921 gewann Clarke erneut den zweiten Preis bei Coolidges Wettbewerb, dieses Mal für ihr Klaviertrio, das sich zusammen mit der Bratschensonate als ihr ehrgeizigstes und beständigstes Werk erweisen sollte. Heute bilden sie das Fundament ihres Rufs als Komponistin mit tiefer Leidenschaft, exquisiter Sensibilität und Fantasie sowie tadellosem Handwerk.
Wie Ravel hinterließ Clarke ihrem Trio kein Programm. Aber wie bei Ravel lädt auch ihr Werk zu Spekulationen ein, dass die Schrecken des Ersten Weltkriegs ihre Spuren hinterlassen haben. Erschallen bei Ravels Trio am Ende Kanonaden, so schießen bei Clarke gleich zu Beginn die Kanonen. Inmitten der abprallenden perkussiven Dissonanz erklingt die Artillerie eines prägnanten, sich wiederholenden Mottos, das, oft verändert, in allen Sätzen auftaucht. Das grüblerische Hauptthema besteht zum Beispiel aus einem erweiterten Motto, während der Übergang zum sanfteren Nebenthema an einem anderen Ende verläuft, dessen ansteigende und fallende Quarte – ein eigenständiges Thema, das von Wissenschaftlern als »Signalhornruf« bezeichnet wird – weitere Glaubwürdigkeit verleiht die militaristischen Untertöne des Trios. Der Sonatensatz endet ruhig mit einem unruhigen Waffenstillstand.
Das sinnliche »Andante molto semplice« schwebt in dickflüssiger Melasse, aus der gelegentlich im Klavier funkelnder Sternenstaub hervorbricht. Eine unaufdringliche Melodie, deren Grundmotive frei in die Begleitung übergehen, vermischt sich mit zarten Streicherfarben, einschließlich Harmonik; Gegen diesen organischen Wandteppich klingt das Motto. Auch dieser Satz endet sanft.
Das abschließende tänzerische Scherzo wird durch Pizzicato, rhythmisches Kreuzspiel und Taktwechsel belebt. Einige Episoden schwelgen in purer Instrumentalfarbe. Die pulsierende Lebendigkeit der Musik wird jedoch durch ein Zitat des Eröffnungsfeuers unterbrochen. Das Klavier verweilt dann beim Signalhornruf, der melancholisch von den Streichern widergehallt wird, der Ruf versinkt in der Vergessenheit ... bis wie bei einem Überraschungsangriff das fröhliche Scherzo-Thema hereinbricht und in Es-Dur zu einem nachdrücklichen Schluss stürmt. »Auf diese Weise«, bemerkt der Wissenschaftler Bryony Jones, »ist das allgemeine Gefühl eher ein Blick nach vorne als nach hinten.« Dennoch entdeckt Jones im Scherzo selbst englische Country-Tanzthemen und die modale Harmonie englischer Volkslieder. Wenn also das Trio tatsächlich vom Krieg spricht, könnte dieser Rückblick Clarkes Versuch sein, – wie so viele ihrer Kollegen – Trost in der englischen Pastoraltradition zu finden.
Klaviertrio in a-Moll von Maurice Ravel (1875 - 1937)
Im Nachhinein ist es leicht, die krachenden Akkorde, kreischenden Triller und die allgemeine Kakophonie, die Maurice Ravels Klaviertrio abschließen, als klangliche – oder zumindest emotionale – Darstellung des Krieges zu verstehen, dem Frankreich Anfang August 1914 beitrat. Als der Krieg ausbrach Ravel hatte bereits fünf Monate an seinem Trio gearbeitet, aber kaum Fortschritte gemacht. Plötzlich arbeitete er »mit wahnsinniger Wut« daran, es bis Ende August fertigzustellen. Warum die Eile? Denn der patriotische 39-Jährige wollte sich verpflichten. Aber mit einer Größe von 1, 75 Meter und einem Gewicht von 45 Kilogramm schaffte er es nicht. »Leider bleibe ich hier und brodele vor Wut«, schrieb er. »Ich beeilte mich, mein Trio fertigzustellen, damit ich mitmachen konnte.« Aber sie haben festgestellt, dass ich zwei Kilogramm zu leicht bin.
Die vier kontrastierenden Sätze und die Klarheit des Ausdrucks des Trios stellen es direkt in die klassische Tradition – allerdings in die der französischen und nicht der deutschen Kammermusik. Instrumentalfarbe – insbesondere in den Streichern: Doppeloktavabstand, Harmonische, Tremolos, Pizzicato, Triller – zusammen mit häufigen Tempowechseln, Modalitäten und rhythmischer Fließfähigkeit sind die Schlüsselfaktoren, die Interesse und Kontrast erzeugen. Die sorgfältig ausgearbeitete Motiventwicklung und Tonartengestaltung des deutschen Sonatenstils fehlen weitgehend. Im ersten Satz werden beide Hauptthemen, inspiriert von der Volksmusik von Ravels baskischer Heimat, in a-Moll präsentiert, allerdings in unterschiedlichen modalen Schattierungen und über Dominant- bzw. Tonika-Pedal. In der Reprise werden dieselben Themen über entfernte Pedale schweben gelassen. Die Coda ist in C-Dur, dem relativen Dur, angesiedelt. Rhythmus ergänzt harmonische Flexibilität: von der geschmeidigen, organischen Wirkung der 3+2+3-Gruppierung bis zum naturalistischen, häufig schwankenden Tempo.
Ravel nannte den zweiten Satz »Pantoum«, offenbar nach dem malaiischen Pantun, einer poetischen Form, in der zwei eingangs erwähnte unterschiedliche Ideen gleichzeitig entwickelt werden. Als begeisterter Student der orientalischen Kultur und anspruchsvoller formaler Probleme gefiel Ravel die Struktur offensichtlich. Er führt seine beiden Themen, eines spitz, das andere sanft, durch ein kompliziertes Labyrinth, das den Konventionen der poetischen Form bemerkenswert gut folgt.
Der dritte Satz ist eine Passacaglia, deren langes, mäandrierendes Thema vom Klavierbass eingeleitet wird. Es folgen zehn fortlaufende Variationen, die sich auf- und abwärts aufbauen, wobei die Betonung durchgehend auf den offenen, perfekten Intervallen der Quarte und Quinte liegt. In seinen letzten Momenten löst sich das Thema auf, vielleicht eine unheilvolle Vorahnung des Zusammenbruchs des Friedens in Europa.
Ein ausgelassenes Finale, das wie der erste Satz in Sonatenform gehalten ist, führt das Werk zu einem mitreißenden Abschluss. »Die Orchesterstruktur und der sich ständig erweiternde Klang ergeben einen spannenden Abschluss«, bemerkt Roman Borys. »Das Ravel-Trio ist eine Säule des Klaviertrio-Repertoires und eines der großartigsten Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts.« Man muss sich auch fragen, ob die unbändige Energie des Finales die fieberhafte Entschlossenheit des Komponisten widerspiegelt, sich den Kriegsanstrengungen anzuschließen.
Ravel gab seine Versuche nicht auf und durfte schließlich als Lastwagenfahrer in die Armee eintreten. Bei einem gefährlichen Missgeschick blieb sein Lastwagen in einem Wald unweit der Front liegen. »Ich habe zehn Tage lang einen Robinson Crusoe gemacht, bis jemand kam, um mich zu retten«, schrieb er in seinem Bericht vom Mai 1916. Wenn Abenteuer das war, was er suchte, dann hat er es auf jeden Fall bekommen.
Copyright © 2017 Robert Rival
- Tracklisting
- Details
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
Trio für Klavier, Violine und Violoncello
- 1 1. Moderato ma appassionato
- 2 2. Andante molto semplice
- 3 3. Allegro vigoroso
Trio für Klavier, Violine und Violoncello a-moll
- 4 1. Modéré
- 5 2. Pantoum: Assez vif
- 6 3. Passacaglia: Très large
- 7 4. Finale: Animé