Dietrich Henschel - X-mas Contemporary / X-mas Percussive (Ein moderner Adventskalender)
Dietrich Henschel - X-mas Contemporary / X-mas Percussive (Ein moderner Adventskalender)
Mit Werken von:
Karim Al-Zand (geb. 1970)
, Jamie Man (geb. 1987)
, Manfred Trojahn (geb. 1949)
, Annette Schlünz (geb. 1964)
, Jose Maria Sanchez-Verdu (geb. 1968)
, Detlev Glanert (geb. 1960)
, Olga Rayeva (geb. 1971)
, Michele Reverdu (geb. 1973)
, Jobst Liebrecht (geb. 1965)
, Arno Waschk (geb. 1973)
, Vanessa Lann (geb. 1968)
Mitwirkende:
Dietrich Henschel, Simone Rubino, Matan Porat, Ensemble Unitedberlin, Vladimir Jurowski
2
CDs
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
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-
Al-Zand: Die Mistel für Bariton, Klavierquartett, Vibraphon
+Glanert: Stille für Bariton, Streichquartett, Klavier, Schlagzeug
+Man: Geburt für Bariton & Ensemble
+Waschk: Frohes Fest für Bariton & Ensemble
+Sanchez-Verdu: White Silence für Bariton & großes Ensemble
+Porat: Puppenhaus für Bariton & Ensemble
+Trojahn: Christmas Greetings from a Fairy to a Child für Bariton, Horn & Streichquarett
+Schlünz: La Blancheur abolit le temps für Bariton, Oboe, Klarinette, Trompete, Percussion, Akkordeon, Klavier, Violine, Viola, Cello
+Rayeva: Sotto voce für Stimme & Ensemble
+Liebrecht: CHRISTMAS / weihnacht für Bariton & 8 Instrumentalisten
+Reverdy: Soixante et quelques mains pour la Nativite für Bariton & Instrumentalensemble
+Lann: Tree of Life so green für Bariton & großes Ensemble
+Weihnachtslieder für Bariton & Percussion: Vom Himmel hoch da komm ich her; Süßer die Glocken nie klingen; O Tannenbaum; Maria durch ein Dornwald ging; Ich steh an deiner Krippen hier; Es kommt ein Schiff geladen; Ihr Kinderlein kommet; O du fröhliche; Lobt Gott, ihr Christen alle gleich; Kommet ihr Hirten; In dulci jubilo; Wachet auf
- Künstler: Dietrich Henschel, Simone Rubino, Ensemble Unitedberlin, Vladimir Jurowski
- Label: Farao, DDD, 2018
- Bestellnummer: 9512802
- Erscheinungstermin: 15.11.2019
Das Weihnachtslied des 21. Jahrhunderts
Traditionell ist die Weihnachtszeit eine Zeit der Besinnung und der inneren Sammlung. Was ehedem allgemein im religiösen Kontext gesehen wurde, ist heute für viele vornehmlich eine Zeit für Ferien, Familie, Freunde, Geschenke. Doch empfindet fast jeder auch nicht-religiöse Mensch ein besonderes Gefühl, eine Art Nostalgie vielleicht oder eine Art innere Wärme, die wohl aus Kindheitserinnerungen herrührt.
Innerhalb und außerhalb der Kirche hat man zu Weihnachten verstärkt das Bedürfnis, sich mit persönlichen oder gesellschaftlichen Werten zu befassen - es ist die Zeit, in der das Jahr sich dem Ende zuneigt und mit inneren Schlussstrichen versehen wird, gleichzeitig werden für die Zukunft Vorsätze gefasst.
Musik ist ein wichtiges Medium, das in uns innere Wärme erzeugt und beflügelt. Traditionelle Weihnachtslieder sind allen Menschen bekannt, sie rufen bei vielen zuverlässig ein Weihnachtsgefühl hervor. Wer religiös und kulturbeflissen ist, hört Weihnachtsoratorien oder den Messias oder festliche Barockmusik. Andererseits kann man der weihnachtlichen Beschallung gar nicht entkommen. Sie ist allgegenwärtig bis zum Überdruss und bei nicht wenigen Menschen erzeugt sie eine allergische Antireaktion.
Das Projekt X-MAS CONTEMPORARY hat sich zum Ziel gesetzt, das Thema Weihnachten, wie es heutzutage gelebt wird, mit der Musik unserer Zeit zu verbinden.
Was bedeutet Dir Weihnachten?
12 aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen stammende Komponisten geben sehr unterschiedliche Antworten auf diese Frage. Die ihnen gestellte Aufgabe ist, ein Werk von ca. 5 Minuten für Gesang und Ensemble zu schreiben und mit musikalischen Mitteln darzustellen, was sie mit Weihnachten verbinden. Dabei ist es freigestellt, ob Religion oder Tradition hier eine Rolle spielt. Auch der distanzierte Blick auf das Thema, Kritik und Satire sind möglich. Die Komponisten stammen aus bzw. leben in den Ländern Deutschland, Großbritannien, USA, Frankreich, Russland, Israel, Spanien und Holland. In jedem dieser Länder genießt Weihnachten einen anderen traditionellen Stellenwert, aus dem eine Inspiration mit in die Werke einfließen kann. (Dietrich Henschel)
Was verbindest Du mit Weihnachten? Dietrich Henschel, Deutschland: Als Konzertsänger: Jedes Jahr Aufführungen des Weihnachtsoratoriums von Bach, des Messias von Händel und noch von ein paar wenigen anderen Werken.
Karim Al-Zand, Tunesien: Weihnachten ruft in mir wehmütige Gedanken an meine Kindheit wach und lässt mich nostalgisch auf früher zurückblicken: glückliche Erinnerungen ans Pflegen von Bräuchen und Ritualen, ans Essen und ans gemeinsame Musizieren.
Detlev Glanert, Deutschland: Weihnachten ist für mich große Stille und Schnee; auch wenn es gar nicht so ist, entsteht immer wieder spätestens Heiligabend der Wunsch danach.
Vanessa Lann, Niederlande / USA: Ganz besonders mag ich an der Weihnachtszeit, dass ich von Weihnachtsmusik umgeben bin: von Weihnachtsliedern, Oratorien und all den anderen wunderbaren Stücken, die wir in dieser Jahreszeit aus ihren Verstecken hervorholen! Auf den Straßen, daheim, in Konzertsälen, in Kirchen – überall, wohin man kommt, hört man die herrlichen Melodien und Harmonien der Weihnachtsmusik. Diese Musik hören zu dürfen und selber etwas zur großen Tradition weihnachtlichen Musizierens beitragen zu können, das macht Weihnachten für mich ganz wesentlich aus.
Jobst Liebrecht, Deutschland:
Ebene von Bethlehem / PLAIN OF BETHLEHEM / SHEPHERDS / hirten / des nachts bei den schafen / AT NIGHT / POOR PEOPLE LONELY WITHOUT NO HOPE / die hüteten des nachts / LOOKING AFTER THE SHEEP / des nachts bei den hürden / AT THE HURDLES / NOBODY CARED FOR THEM NOBODY SAW THEM / sie waren ganz draußen sie waren weg von allem / sie galten nichts / THEY WERE LOST IN THE NIGHT
Jamie Man, Großbritannien:
Eine Frau bringt ein Kind zur Welt und weiß doch schon, dass sie eines Tages seinen Tod miterleben muss. Die Welt feiert. Dieses Weihnachtslied ist eine aufheulende Wehklage für all jene, die den Schmerz kennen, das eigene Kind zu verlieren.
Matan Porat, Israel:
Für mich persönlich bedeutet Weihnachten echte Einsamkeit.
Olga Rayeva, Russland:
Weihnachten ist für mich einer der zwölf wichtigsten kirchlichen Feiertage (nach Ostern). Da unsere – russisch-orthodoxe - Kirche nach dem julianischen Kalender lebt, fallen die Weihnachten für uns auf die Nacht vom 6. auf den 7. Januar. Auch in Berlin, wo ich schon ziemlich lang lebe - habe ich bemerkt - ist diese Nacht immer eine der ruhigsten; der böse Berliner Wind wird gezähmt und endlich bedeckt Schnee die Erde. Es riecht nach Weihrauch und das Herz wird mit Freude erfüllt.
Michèle Reverdy, Frankreich:
NOËL = MUSIQUE
Annette Schlünz, Deutschland:
Weihnachten - Der Gedanke daran löst ganz tief in meinem Innern, etwas verschüttet und vergraben, eine ganz friedliche, geheimnisvolle, ferne Stille und Besinnlichkeit und den absurden Wunsch nach Frieden und unerreichbarer Verständigung aus.
José María Sánchez-Verdú, Spanien:
Weihnachten: Weiß. Stille. Übergang. Weißes Geräusch. Eine andere Akustik. Manfred Trojahn, Deutschland:
Weihnachten ist das, wonach man sich immer sehnt und vor dem man sich immer fürchtet und das immer anders wird als man es sich vorgestellt hat. Daher ist es so lebensnah.
Arno Waschk, Deutschland:
Nach Weihnachten wird’s wieder heller.
Anmerkungen zu den Kompositionen: Karim Al-Zand – Die Mistel
Der Komponist verbindet zwei Gedichte, die einen Mistelzweig als Ausgangsmotiv nehmen. Das Erste, von Walter de la Mare, schildert die Situation am Ende eines Festtages, in der der Erzähler, allein übriggeblieben, unter einem Mistelschmuck sitzend, plötzlich von einem schattenhaften, imaginären Wesen einen Kuss empfängt - ein Augenblick atmosphärischer Verzauberung. Diesem englischsprachigen Gedicht ist ein deutsches von Ferdinand Freiligrath eingelegt, in dem die Mistel selbst als Zauberin beschrieben wird. In einem an Korngolds Hollywood-Klänge erinnernden Tonfall verzaubert die Musik mit emotionaler Wärme und dem klanggewordenen Silber weihnachtlichen Kerzenscheines.
Detlev Glanert - Stille
Das Werk ist ein sehr persönliches Bekenntnis des Komponisten, der seine Textvorlage selbst in Collagetechnik erstellte. Es handelt sich um ein Wort-Destillat aus mehreren Strophen des Weihnachtsliedes „Stille Nacht, heilige Nacht“. Durchaus religiös motiviert kreist es um den Gedanken der Sehnsucht nach Frieden und Stille, was musikalisch durch die drei fallenden Halbtöne es-d-cis symbolisiert wird: zwei Seufzer.
Vanessa Lann - Tree of Life So Green
Die Komponistin hat durch die antiphone Gegenüberstellung zweier Gedichte - Jesus Christ, The Apple Tree eines anonymen Autors (aus einer amerikanischen Gedichtsammlung des 18. Jahrhunderts) und eines 13-jährigen, am Greisen-Syndrom erkrankten irischen Autors aus dem Jahre 1979 - ein religiöses Werk geschaffen, dessen mitreißende Emphase bis in eine Art religiöser Explosion gesteigert wird. In der Einleitung wird in einem Motivkomplex in Verbindung mit lang gehaltenen, hohen, sich graduell beschleunigenden Cantus-Firmus-Tönen das Herannahen eines Ereignisses evoziert. Im Hauptteil folgt eine anfangs tief gesetzte, ostinate Melodie in fünf Variationen, an deren Ende jeweils Jesus Christ, The Apple Tree angerufen wird und die mit jeder Wiederholung lauter und höher erklingt. Sie wird auf geradem Weg zu einem Climax gesteigert, der in einen ekstatischen Ausbruch mündet. Das Stück wird zum Schluss geführt, indem der Cantus-Firmus der Einleitung wieder erklingt, allerdings in die tiefe Bassregion der Ostinato-Melodie des zweiten Teiles versetzt. Ein lang gehaltener, unbegleiteter Ton der Singstimme blendet aus dem musikalischen Geschehen aus. In der Motivik und in der kunstvollen Architektur dieses Werkes, die raffiniert proportioniert ist, werden Verbindungen zu mittelalterlicher Kirchenmusik und zur Faux-Bourdon-Musik evoziert; Anklänge an englische Hymnusgesänge und an Vokalpolyphonie sind ebenso erkennbar.
Jobst Liebrecht - CHRISTMAS / weihnacht
Das Werk ist eine musikalische Stil-Collage auf der Grundlage einer durch den Komponisten selbsterstellten Gedichtvorlage deutscher und englischer Fragmente der Weihnachtsgeschichte. Die unterschiedlichen Stilvariationen gehen von Folk Music über Gospel bis zu Chançon- und Vaudeville-Anklängen. Dem Stück liegt eine theatralische Idee zugrunde: eine Gruppe herumhängender Halbstarker steigert sich von einer Pubertierenden-Protesthaltung in eine Art Rage, die durch die himmlische Erscheinung eines Engels gleichsam ventiliert und in einen religiös unterlegten Gemeinschaftsgesang- und Tanz hinübergeführt wird.
Jamie Man - Geburt
Die Geburt als ein analytisch betrachteter, aufwendiger Prozess - aufwendig sowohl im Detailreichtum der Schilderung als auch in der dadurch zu imaginierenden schmerzhaften, existenziellen Ursprungsaktion - wird hier im Tonfall der Faszination und Bewunderung geschildert. Das Wunder des Lebens, des Erwachens der Sinne wird plastisch dargestellt im Übergang aus der gesprochenen in die gesungene Schilderung. Das Werk stellt eine Art Auftakt-Musik in einen beginnenden Lebensweg dar.
Matan Porat - Puppenhaus
Das Gedicht erzählt die Erinnerung eines Erwachsenen an seine kindlichen Gedanken, während er, am Morgen vor der Bescherung aus dem Weihnachtszimmer verbannt, über die zu erwartenden Geschenke spekuliert. Die Unruhe angesichts der Vielzahl der Wünsche wird mit fröhlicher Melancholie und Ironie geschildert – am Ende ist das Geschenk ein ganz Unerwartetes.
Olga Rayeva - Sotto voce
Der Mensch - der Solist, der halblaut den frühchristlichen Christushymnus Phos hilaron (griech. Φῶς Ἱλαρόν, „heiteres Licht“) singt - geht durch die schwere, dornige, oft zu ihm feindliche, moderne Welt (das Orchester mit seinen Geräuschen, seinem Knarren, seinem Wispern). Trotzdem versucht er, sein Herz züchtig zu behalten und die Hoffnung nicht zu verlieren ... Das Lied Heiteres Licht wird im orthodoxen Gottesdienst am Tag vor Weihnachten gesungen.
Michèle Reverdy - Soixante et quelques mains pour la nativité Das Gedicht ist die Detailbeschreibung eines Triptychons von Hugo van der Goes mit dem Titel Portinari, welches die Anbetung des Jesuskindes darstellt. Die auffallend expressiven Hände der Figuren werden in vielfältigen Ausdrucksnuancen beschrieben und in einen sinnhaften Kontext gebracht. Dabei wird der belehrende Charakter des Bildes teils in Andacht und Verehrung, teils auch in ironischer, humorvoller Weise beleuchtet. Die Musik gibt sich der poetischen Deutung hin und überhöht sie sowohl in ihrer Ironie als auch in ihrer Spiritualität.
Annette Schlünz - La Blancheur abolit le temps
Das Stück ist von einer winterlichen Zugfahrt inspiriert, die die Komponistin in Russland erlebt hat - noch zu Sowjetzeiten. Die Fahrt in einem Zug, der in aller Regelmäßigkeit vor sich hin holpert, der Blick durch ein von Eisblumen besetztes Fenster in die schneebedeckte Landschaft, über der der Himmel blau aufreißt und die in klirrender Kälte unbewegt und majestätisch an ihr vorbeizieht, bilden die Exposition. Die Gedanken, die diese sich überlagernden Eindrücke wachrufen, werden in einer Durchführung miteinander verwoben, es entsteht eine Art Trance. Das Holpern des Zuges führt zum Erwachen und zu einem Bewusstwerden der Situation, dieses ist dann sozusagen die Reprise; am Ende fährt der Zug aus der Situation und aus dem Bewusstsein heraus.
José-María Sánchez-Verdú - White Silence
Das Werk ist eine musikalische Bildbeschreibung, das Gemälde einer Winterlandschaft ist von Breughel. Der stark fragmentierte Text ist nicht direkt auf das Bild bezogen, wohl aber die Musik, die versteckt ein Lied des Renaissance-Komponisten Pierre de la Rue zitiert. Die winterliche Bildatmosphäre des Gemäldes, die eine besondere, gedämpfte Akustik evoziert, wird hier in sehr leisen Klängen nachgezeichnet.
Manfred Trojahn - Christmas Greetings from a Fairy to a child
Textgrundlage ist ein Gedicht von Lewis Carroll. Es handelt sich um eine an ein weibliches Gegenüber gerichtete Ansprache, womöglich die Gastgeberin eines Weihnachtsmahles. Der tonalen Melodik des Gesanges wird eine tonal verschiedene Melodie des Horns gegenübergestellt, in der Harmonik stehen wiederum die Streicher den beiden Tonalitäten als Kontrast gegenüber. An wenigen, bedeutungsvollen Punkten des Textes entsteht wie zufällig harmonische Gemeinsamkeit; durch das mitunter offensive Nichtzusammenpassen der Einzelelemente wird das leicht Verlogene, Falsche einer offiziellen Ansprache ästhetisch überhöht, ohne es zu ironisieren. Es erklingt eine faszinierende Mischung aus aufrichtig empfundener Emotionalität, rhetorischer Überzeichnung von Weihnachtssentimentalität, musikalischem Zuckerwerk und verschmutzen Harmonien, deren Gesamtwirkung an den übermäßigen, doch genussvollen Verzehr von Weihnachtsgebäck erinnert.
Arno Waschk - Frohes Fest
Das Werk ist eine musikalische Satire: das vom Autor selbst verfasste Gedicht erzählt die traurige Geschichte einer Tanne, die ihr Dasein als Weihnachtsbaum beschließen muss. Das Gedicht beginnt mit einem Zitat der Einleitungszeile des Gedichtes Knecht Ruprecht von Theodor Storm, das rüde vom musikalischen Wintersturmwind unterbrochen wird. Das Prinzip der Komposition ist der musikalische Diskurs, die streitenden Parteien sind der Sänger einerseits und das Ensemble andererseits. Am Zeilenende eines jeden Diskurspunktes steht der Wunsch „Frohes Fest“ in unterschiedlichen Ernsthaftigkeitsgraden.
Was bedeutet Dir Weihnachten?
12 aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen stammende Komponisten geben sehr unterschiedliche Antworten auf diese Frage. Die ihnen gestellte Aufgabe ist, ein Werk von ca. 5 Minuten für Gesang und Ensemble zu schreiben und mit musikalischen Mitteln darzustellen, was sie mit Weihnachten verbinden. Dabei ist es freigestellt, ob Religion oder Tradition hier eine Rolle spielt. Auch der distanzierte Blick auf das Thema, Kritik und Satire sind möglich. Die Komponisten stammen aus bzw. leben in den Ländern Deutschland, Großbritannien, USA, Frankreich, Russland, Israel, Spanien und Holland. In jedem dieser Länder genießt Weihnachten einen anderen traditionellen Stellenwert, aus dem eine Inspiration mit in die Werke einfließen kann. (Dietrich Henschel)
Was verbindest Du mit Weihnachten? Dietrich Henschel, Deutschland: Als Konzertsänger: Jedes Jahr Aufführungen des Weihnachtsoratoriums von Bach, des Messias von Händel und noch von ein paar wenigen anderen Werken.
Karim Al-Zand, Tunesien: Weihnachten ruft in mir wehmütige Gedanken an meine Kindheit wach und lässt mich nostalgisch auf früher zurückblicken: glückliche Erinnerungen ans Pflegen von Bräuchen und Ritualen, ans Essen und ans gemeinsame Musizieren.
Detlev Glanert, Deutschland: Weihnachten ist für mich große Stille und Schnee; auch wenn es gar nicht so ist, entsteht immer wieder spätestens Heiligabend der Wunsch danach.
Vanessa Lann, Niederlande / USA: Ganz besonders mag ich an der Weihnachtszeit, dass ich von Weihnachtsmusik umgeben bin: von Weihnachtsliedern, Oratorien und all den anderen wunderbaren Stücken, die wir in dieser Jahreszeit aus ihren Verstecken hervorholen! Auf den Straßen, daheim, in Konzertsälen, in Kirchen – überall, wohin man kommt, hört man die herrlichen Melodien und Harmonien der Weihnachtsmusik. Diese Musik hören zu dürfen und selber etwas zur großen Tradition weihnachtlichen Musizierens beitragen zu können, das macht Weihnachten für mich ganz wesentlich aus.
Jobst Liebrecht, Deutschland:
Ebene von Bethlehem / PLAIN OF BETHLEHEM / SHEPHERDS / hirten / des nachts bei den schafen / AT NIGHT / POOR PEOPLE LONELY WITHOUT NO HOPE / die hüteten des nachts / LOOKING AFTER THE SHEEP / des nachts bei den hürden / AT THE HURDLES / NOBODY CARED FOR THEM NOBODY SAW THEM / sie waren ganz draußen sie waren weg von allem / sie galten nichts / THEY WERE LOST IN THE NIGHT
Jamie Man, Großbritannien:
Eine Frau bringt ein Kind zur Welt und weiß doch schon, dass sie eines Tages seinen Tod miterleben muss. Die Welt feiert. Dieses Weihnachtslied ist eine aufheulende Wehklage für all jene, die den Schmerz kennen, das eigene Kind zu verlieren.
Matan Porat, Israel:
Für mich persönlich bedeutet Weihnachten echte Einsamkeit.
Olga Rayeva, Russland:
Weihnachten ist für mich einer der zwölf wichtigsten kirchlichen Feiertage (nach Ostern). Da unsere – russisch-orthodoxe - Kirche nach dem julianischen Kalender lebt, fallen die Weihnachten für uns auf die Nacht vom 6. auf den 7. Januar. Auch in Berlin, wo ich schon ziemlich lang lebe - habe ich bemerkt - ist diese Nacht immer eine der ruhigsten; der böse Berliner Wind wird gezähmt und endlich bedeckt Schnee die Erde. Es riecht nach Weihrauch und das Herz wird mit Freude erfüllt.
Michèle Reverdy, Frankreich:
NOËL = MUSIQUE
Annette Schlünz, Deutschland:
Weihnachten - Der Gedanke daran löst ganz tief in meinem Innern, etwas verschüttet und vergraben, eine ganz friedliche, geheimnisvolle, ferne Stille und Besinnlichkeit und den absurden Wunsch nach Frieden und unerreichbarer Verständigung aus.
José María Sánchez-Verdú, Spanien:
Weihnachten: Weiß. Stille. Übergang. Weißes Geräusch. Eine andere Akustik. Manfred Trojahn, Deutschland:
Weihnachten ist das, wonach man sich immer sehnt und vor dem man sich immer fürchtet und das immer anders wird als man es sich vorgestellt hat. Daher ist es so lebensnah.
Arno Waschk, Deutschland:
Nach Weihnachten wird’s wieder heller.
Anmerkungen zu den Kompositionen: Karim Al-Zand – Die Mistel
Der Komponist verbindet zwei Gedichte, die einen Mistelzweig als Ausgangsmotiv nehmen. Das Erste, von Walter de la Mare, schildert die Situation am Ende eines Festtages, in der der Erzähler, allein übriggeblieben, unter einem Mistelschmuck sitzend, plötzlich von einem schattenhaften, imaginären Wesen einen Kuss empfängt - ein Augenblick atmosphärischer Verzauberung. Diesem englischsprachigen Gedicht ist ein deutsches von Ferdinand Freiligrath eingelegt, in dem die Mistel selbst als Zauberin beschrieben wird. In einem an Korngolds Hollywood-Klänge erinnernden Tonfall verzaubert die Musik mit emotionaler Wärme und dem klanggewordenen Silber weihnachtlichen Kerzenscheines.
Detlev Glanert - Stille
Das Werk ist ein sehr persönliches Bekenntnis des Komponisten, der seine Textvorlage selbst in Collagetechnik erstellte. Es handelt sich um ein Wort-Destillat aus mehreren Strophen des Weihnachtsliedes „Stille Nacht, heilige Nacht“. Durchaus religiös motiviert kreist es um den Gedanken der Sehnsucht nach Frieden und Stille, was musikalisch durch die drei fallenden Halbtöne es-d-cis symbolisiert wird: zwei Seufzer.
Vanessa Lann - Tree of Life So Green
Die Komponistin hat durch die antiphone Gegenüberstellung zweier Gedichte - Jesus Christ, The Apple Tree eines anonymen Autors (aus einer amerikanischen Gedichtsammlung des 18. Jahrhunderts) und eines 13-jährigen, am Greisen-Syndrom erkrankten irischen Autors aus dem Jahre 1979 - ein religiöses Werk geschaffen, dessen mitreißende Emphase bis in eine Art religiöser Explosion gesteigert wird. In der Einleitung wird in einem Motivkomplex in Verbindung mit lang gehaltenen, hohen, sich graduell beschleunigenden Cantus-Firmus-Tönen das Herannahen eines Ereignisses evoziert. Im Hauptteil folgt eine anfangs tief gesetzte, ostinate Melodie in fünf Variationen, an deren Ende jeweils Jesus Christ, The Apple Tree angerufen wird und die mit jeder Wiederholung lauter und höher erklingt. Sie wird auf geradem Weg zu einem Climax gesteigert, der in einen ekstatischen Ausbruch mündet. Das Stück wird zum Schluss geführt, indem der Cantus-Firmus der Einleitung wieder erklingt, allerdings in die tiefe Bassregion der Ostinato-Melodie des zweiten Teiles versetzt. Ein lang gehaltener, unbegleiteter Ton der Singstimme blendet aus dem musikalischen Geschehen aus. In der Motivik und in der kunstvollen Architektur dieses Werkes, die raffiniert proportioniert ist, werden Verbindungen zu mittelalterlicher Kirchenmusik und zur Faux-Bourdon-Musik evoziert; Anklänge an englische Hymnusgesänge und an Vokalpolyphonie sind ebenso erkennbar.
Jobst Liebrecht - CHRISTMAS / weihnacht
Das Werk ist eine musikalische Stil-Collage auf der Grundlage einer durch den Komponisten selbsterstellten Gedichtvorlage deutscher und englischer Fragmente der Weihnachtsgeschichte. Die unterschiedlichen Stilvariationen gehen von Folk Music über Gospel bis zu Chançon- und Vaudeville-Anklängen. Dem Stück liegt eine theatralische Idee zugrunde: eine Gruppe herumhängender Halbstarker steigert sich von einer Pubertierenden-Protesthaltung in eine Art Rage, die durch die himmlische Erscheinung eines Engels gleichsam ventiliert und in einen religiös unterlegten Gemeinschaftsgesang- und Tanz hinübergeführt wird.
Jamie Man - Geburt
Die Geburt als ein analytisch betrachteter, aufwendiger Prozess - aufwendig sowohl im Detailreichtum der Schilderung als auch in der dadurch zu imaginierenden schmerzhaften, existenziellen Ursprungsaktion - wird hier im Tonfall der Faszination und Bewunderung geschildert. Das Wunder des Lebens, des Erwachens der Sinne wird plastisch dargestellt im Übergang aus der gesprochenen in die gesungene Schilderung. Das Werk stellt eine Art Auftakt-Musik in einen beginnenden Lebensweg dar.
Matan Porat - Puppenhaus
Das Gedicht erzählt die Erinnerung eines Erwachsenen an seine kindlichen Gedanken, während er, am Morgen vor der Bescherung aus dem Weihnachtszimmer verbannt, über die zu erwartenden Geschenke spekuliert. Die Unruhe angesichts der Vielzahl der Wünsche wird mit fröhlicher Melancholie und Ironie geschildert – am Ende ist das Geschenk ein ganz Unerwartetes.
Olga Rayeva - Sotto voce
Der Mensch - der Solist, der halblaut den frühchristlichen Christushymnus Phos hilaron (griech. Φῶς Ἱλαρόν, „heiteres Licht“) singt - geht durch die schwere, dornige, oft zu ihm feindliche, moderne Welt (das Orchester mit seinen Geräuschen, seinem Knarren, seinem Wispern). Trotzdem versucht er, sein Herz züchtig zu behalten und die Hoffnung nicht zu verlieren ... Das Lied Heiteres Licht wird im orthodoxen Gottesdienst am Tag vor Weihnachten gesungen.
Michèle Reverdy - Soixante et quelques mains pour la nativité Das Gedicht ist die Detailbeschreibung eines Triptychons von Hugo van der Goes mit dem Titel Portinari, welches die Anbetung des Jesuskindes darstellt. Die auffallend expressiven Hände der Figuren werden in vielfältigen Ausdrucksnuancen beschrieben und in einen sinnhaften Kontext gebracht. Dabei wird der belehrende Charakter des Bildes teils in Andacht und Verehrung, teils auch in ironischer, humorvoller Weise beleuchtet. Die Musik gibt sich der poetischen Deutung hin und überhöht sie sowohl in ihrer Ironie als auch in ihrer Spiritualität.
Annette Schlünz - La Blancheur abolit le temps
Das Stück ist von einer winterlichen Zugfahrt inspiriert, die die Komponistin in Russland erlebt hat - noch zu Sowjetzeiten. Die Fahrt in einem Zug, der in aller Regelmäßigkeit vor sich hin holpert, der Blick durch ein von Eisblumen besetztes Fenster in die schneebedeckte Landschaft, über der der Himmel blau aufreißt und die in klirrender Kälte unbewegt und majestätisch an ihr vorbeizieht, bilden die Exposition. Die Gedanken, die diese sich überlagernden Eindrücke wachrufen, werden in einer Durchführung miteinander verwoben, es entsteht eine Art Trance. Das Holpern des Zuges führt zum Erwachen und zu einem Bewusstwerden der Situation, dieses ist dann sozusagen die Reprise; am Ende fährt der Zug aus der Situation und aus dem Bewusstsein heraus.
José-María Sánchez-Verdú - White Silence
Das Werk ist eine musikalische Bildbeschreibung, das Gemälde einer Winterlandschaft ist von Breughel. Der stark fragmentierte Text ist nicht direkt auf das Bild bezogen, wohl aber die Musik, die versteckt ein Lied des Renaissance-Komponisten Pierre de la Rue zitiert. Die winterliche Bildatmosphäre des Gemäldes, die eine besondere, gedämpfte Akustik evoziert, wird hier in sehr leisen Klängen nachgezeichnet.
Manfred Trojahn - Christmas Greetings from a Fairy to a child
Textgrundlage ist ein Gedicht von Lewis Carroll. Es handelt sich um eine an ein weibliches Gegenüber gerichtete Ansprache, womöglich die Gastgeberin eines Weihnachtsmahles. Der tonalen Melodik des Gesanges wird eine tonal verschiedene Melodie des Horns gegenübergestellt, in der Harmonik stehen wiederum die Streicher den beiden Tonalitäten als Kontrast gegenüber. An wenigen, bedeutungsvollen Punkten des Textes entsteht wie zufällig harmonische Gemeinsamkeit; durch das mitunter offensive Nichtzusammenpassen der Einzelelemente wird das leicht Verlogene, Falsche einer offiziellen Ansprache ästhetisch überhöht, ohne es zu ironisieren. Es erklingt eine faszinierende Mischung aus aufrichtig empfundener Emotionalität, rhetorischer Überzeichnung von Weihnachtssentimentalität, musikalischem Zuckerwerk und verschmutzen Harmonien, deren Gesamtwirkung an den übermäßigen, doch genussvollen Verzehr von Weihnachtsgebäck erinnert.
Arno Waschk - Frohes Fest
Das Werk ist eine musikalische Satire: das vom Autor selbst verfasste Gedicht erzählt die traurige Geschichte einer Tanne, die ihr Dasein als Weihnachtsbaum beschließen muss. Das Gedicht beginnt mit einem Zitat der Einleitungszeile des Gedichtes Knecht Ruprecht von Theodor Storm, das rüde vom musikalischen Wintersturmwind unterbrochen wird. Das Prinzip der Komposition ist der musikalische Diskurs, die streitenden Parteien sind der Sänger einerseits und das Ensemble andererseits. Am Zeilenende eines jeden Diskurspunktes steht der Wunsch „Frohes Fest“ in unterschiedlichen Ernsthaftigkeitsgraden.
- Tracklisting
- Mitwirkende
Disk 1 von 2 (CD)
- 1 Karim Al-Zand: The mistletoe (für Barito, Klavierquartett und Vibraphon)
- 2 Jamie Man: GEBURT (für Bariton und Ensemble)
- 3 Matan Porat: Puppenhaus (für Bariton und Ensemble)
- 4 Manfred Trojahn: Christmas greetings from a fairy to a child (für Bariton, Horn und Streichquartett)
- 5 Annette Schlünz: La blancheur abolit le temps (für Bariton, Oboe, Klarinette, Trompete, Perkussion, Akkordeon, Klavier, und Streicher)
- 6 Jose Maria Sanchez-Verdu: White silence (für Bariton und großes Ensemble)
- 7 Detlev Glanert: Stille (Weihnachtslied für Bariton, Streichquartett, Klavier und Schlagzeug)
- 8 Olga Rayeva: Sotto voce (für Stimme und Ensemble)
- 9 Michèle Reverdu: Soixante et quelques mains pour la nativité (für Bariton und Ensemble)
- 10 Jobst Liebrecht: CHRISTMAS / weihnacht (für Bariton und 8 Instrumentalisten)
- 11 Arno Waschk: Frohes Fest (für Bariton und Ensemble)
- 12 Vanessa Lann: Tree of life so green (Fassung für Bariton und großes Ensemble)
Disk 2 von 2 (CD)
- 1 The Traditional: Ich steh an deiner Krippen hier
- 2 The Traditional: In dulci jubilo
- 3 The Traditional: Süßer die Glocken nie klingen
- 4 The Traditional: Kommet ihr Hirten
- 5 The Traditional: Es kommt ein Schiff geladen
- 6 The Traditional: Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
- 7 The Traditional: Maria durch ein Dornwald ging
- 8 The Traditional: Ihr Kinderlein kommet
- 9 The Traditional: Wachet auf, ruft uns die Stimme
- 10 The Traditional: O Tannenbaum
- 11 The Traditional: Vom Himmel hoch da komm ich her
- 12 The Traditional: O du fröhliche