Werner Egk: Der Revisor (Komische Oper in 5 Akten)
Der Revisor (Komische Oper in 5 Akten)
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CDs
CD (Compact Disc)
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- Künstler: Douglas Nasrawi, Nikolai Galkin, Michael Dries, Cornelia Zink, Markus Hauser, Felipe Peiro, Philharmonisches Orchester Augsburg, Hans Norbert Bihlmaier
- Label: Oehms, DDD, 2001
- Bestellnummer: 4963385
- Erscheinungstermin: 7.2.2011
- Gesamtverkaufsrang: 631
- Verkaufsrang in CDs: 359
Werner Egks komische Oper »Der Revisor« wurde 1957 uraufgeführt. Auf brillante Weise verknappt Egk den Text der Komödie von Nikolai Gogol, und kreiert eine Opernpartitur, die der Spritzigkeit und Schärfe des Originals in nichts nachsteht. Im Prinzip als Nummernoper im traditionellen Sinn der opera buffa komponiert, sprüht die Musik vor Einfällen, illustrativen Momenten, lautmalerischen Effekten, Stilparodien z. B. von Jazz und Kirchenmusik. Eine »russische« Grundfärbung entsteht durch harmonische Bezugnahmen auf russische folkloristische Musik.
Zum Umfeld und der Entstehungsgeschichte der Oper wie auch zu Leben und Werk des Komponisten finden sich auf diesem Album umfangreiche Informationen, die als CD-ROM-Teil betrachtet werden können. Neben biografischen Materialien gibt es auch Beispiele der bildnerischen Arbeit Werner Egks sowie Szenenfotos der Augsburger Inszenierung. Das Material wird abgerundet durch zwei Radio-Interviews, die Werner Egk dem Bayerischen Rundfunk 1956 und 1976 gegeben hat.
Werner Egk: Der Revisor
Werner Egk, der bayerisch-schwäbische Komponist, der zumeist in einem Atemzug mit Carl Orff genannt wird, ist in erster Linie als Opern- und Ballettkomponist hervorgetreten. Mit erstaunlichem Geschick und literarischer Versiertheit hat er sich unterschiedlichsten Themen und dramatischen Dichtungen zugewendet, die er für das Musiktheater in seine eigene Sprache übersetzte. Den Anfang in einer Reihe von sieben großen Opernwerken bildete der 1932 als Funkoper für den Bayerischen Rundfunk entstandene Columbus. Der Durchbruch gelang Werner Egk aber nicht mit diesem experimentellen, zwischen Oper und Oratorium anzusiedelnden Werk, das auf das neue Medium des Rundfunks zugeschnitten worden war, sondern mit der 1935 in Frankfurt uraufgeführten Oper Die Zaubergeige. Dieser plastisch farbenreichen und zugleich heitervolkstümlichen Spieloper folgte die Auseinandersetzung mit der schillernden Figur des Peer Gynt nach der Vorlage von Ibsen. Die Berliner Uraufführung des Peer Gynt blieb zunächst ein singuläres Ereignis, da die Oper sehr schnell den Missmut der nationalsozialistischen Machthaber erregte. Aufmerksam wurde man auf das Werk daher erst wieder in den 50er Jahren, als sich Egk bereits mit einer anderen literarischen Vorlage beschäftigte, der Countess Cathleen von William Butler Yeats. Der moralisierende Hintergrund der von Yeats nacherzählten und dramatisierten irischen Sage regte Egk zu seiner bekenntnishaften und symbolträchtigen Oper Irische Legende (1955) an, die er selbst gerne als sein Hauptwerk bezeichnete. Im Gegensatz zu den gleichnishaften Bildern und metaphysisch-visionären Momenten dieses Werkes wagt sich Egk mit seiner Adaption des Revisor nach Gogol dann an einen Komödienstoff der Weltliteratur. Gogols heute noch oft gespielte Komödie entstand 1835 auf eine Anregung seines Freundes Alexander Puschkin binnen zweier Monate. Gogol hatte während seiner Arbeit an dem umfangreichen Roman Die Toten Seelen Puschkin aufgefordert, ihm doch ein Sujet mit einer echt russischen Anekdote zu schicken, die er in eine Komödie verwandeln könne. Puschkin ist dieser Aufforderung offensichtlich mit einem Bericht aus eigener Erfahrung nachgekommen. Er selbst wurde nämlich einmal auf einer seiner Reisen in einer russischen Kleinstadt aufgrund seines hauptstädtischen Kostüms und seiner Petersburger Physiognomie für einen Revisor gehalten, die damals zur verschärften Kontrolle der provinziellen Verwaltungsorgane von Zar Nikolaus I. eingesetzt wurden. Aber auch in der zeitgenössischen russischen Literatur gab es Vorbilder für die Irrtümer, die sich aus dem vermuteten Rang eines Reisenden ableiteten. So hat z. B. die Komödie Der Fremde aus der Hauptstadt (1827) des ukrainischen Schriftstellers Grigorij Kwitka-Osnowjanenko große Ähnlichkeit mit Gogols Komödie, nur mit dem Unterschied, dass der »Fremde« von Beginn der Geschichte an ein bewusster Betrüger ist. Chlestakow bei Gogol hingegen trägt nicht willentlich zu seiner Verwechslung bei. Aber auch in dem Lustspiel Die deutschen Kleinstädter des Schriftstellers August von Kotzebue, das bald ins Russische übersetzt wurde, konnte Gogol Vorbilder für korrupte Vetternwirtschaft in einem provinziellen Krähwinkel finden. Darüber hinaus mag ihm die russische Gattung der Ständesatire reiches Material für die Lasterhaftigkeit, Bestechlichkeit und Trunksucht der Beamtenschaft geliefert haben. Ein herausragendes Beispiel stellt in dieser Hinsicht Wassilij Kapnists Komödie Die Schikane über die Zustände an einem Provinzgericht dar.
Werner Egk schuf sich auf der Grundlage des Gogolschen Textes ein Libretto, in dem die krause Einfalls- und Personenfülle auf ein Minimum konzentriert wurde. Seine Arbeitsweise schilderte Egk selbst einmal plastisch in einem Gespräch: »Während eines Kuraufenthalts in Wörishofen lernte ich das Stück zunächst auswendig. Dann schrieb ich auf große Packpapierbögen, die ich zum Entsetzen des Zimmermädchens an Türen, Wände und Schränke heftete, jeweils mit großen Buchstaben den Inhalt und die Personen der einzelnen Szenen. Dann, als ich solchermaßen den Inhalt ganz überschaubar gemacht hatte, strich ich Gleichartiges aus, vereinfachte, reduzierte, schmolz verwandte Charaktere zusammen, bis ich, nachdem die Papierkörbe mehrmals hatten geleert werden müssen, ein klar gegliedertes Handlungsschema vor mir hatte.«
Auf diese Weise reduzierte er das im Original vierundzwanzig Personen umfassende Schauspiel auf dreizehn Sänger, sowie einen Tänzer und zwei Tänzerinnnen für das eingefügte Traumballett, das den Revisor als Objekt der Wunschträume von Frau und Tochter des Stadthauptmanns darstellt. Auch die von Gogol im vierten Akt seiner Komödie geschilderten Bestechungsszenen fasst Egk in einer nur instrumental untermalten, aber gestisch beredten Pantomime zusammen. Trotzdem gelingt es Egk den Humor und die Charakterzeichnung der Gogolschen Figuren zu erhalten. In seinen Anmerkungen, die der Komponist anlässlich der Uraufführung bei den Schwetzinger Festspielen 1957 verfasste, gibt Egk dem Kern von Gogols »Tragikomödie« auf menschliche Dummheit, Korruption und Amtsschlamperei einen Zug ins Allgemeinmenschliche: »Hätten die Regierungsschreiber recht gehabt und wäre das Werk Gogols nicht mehr als eine politische Satire gewesen, so wäre er mit der Gesellschaft, die es treffen sollte, untergegangen. Es überlebte aber seine Zeit und seine Kritiker, weil es durch das Medium der Gestalten seiner Zeit den Menschen selbst und seine immer gleichbleibenden, von der Epoche unabhängigen Schwächen darstellt.« Egk schien das Kostbarste an Gogols Komödie zu sein, »dass ihre Gestalten nicht verlorene, von uns abgetrennte, nur Gelächter und Ablehnung herausfordernde Wesen sind, sondern dass sie gleichzeitig Verständnis, Mitleid, ja sogar Sympathie erwecken«. Gerade in der Zeichnung der Figur des Stadthauptmanns wird dieses Komödienverständnis Egks besonders deutlich, wenn in seiner großen letzten Arie tragischhintergründige Töne der Verzweiflung anklingen und der Komödie eine Tiefenperspektive geben.
Formal hat sich Egk bei der Komposition des Revisor am für die Opera buffa typischen Prinzip der Nummernoper mit durchkomponierten und mit Seccorezitativen orientiert. Für den Zuhörer kaum merklich ist die Oper in 22 Nummern gegliedert, die sich aus dem fließenden Parlando zu Arien, Duetten, Quartetten etc. verdichten. Sein farbiger Orchestersatz ist von kammermusikalischer, ja geradezu »aperçuhafter« Transparenz, und der Theaterpraktiker Egk untermalt oft mit Sinn für Situationskomik die einzelnen Szenen. So hört man aus der streckenweise illustrativen Partitur Türenknallen, Ohrfeigen, jazzig verzerrte Marschfetzen, parodierte Kirchenmusik in Form eines pathetischen Chorals, wenn die Suppe aufgetragen wird, ein Witwenlamento und anderes mehr heraus. Triumphe feiert die Parodie geradezu, wenn der Pseudoweltmann Chlestakow die Damen im Hause mit einem original französischen Chanson von Charles Simon Favart »bezirzt«. Den Höhepunkt in der Abfolge von kunstvollen Ensemblenummern stellt zweifelsohne das A-capella-Nonett im fünften Akt dar. Wesentlichstes Lebenselement der Musik ist ihr immer vorwärtsdrängender, pulsierender Rhythmus. Dabei können einprägsame hämmernde Wiederholungen à la Orff neben spitzen Bläsereffekten à la Stravinsky stehen. Um ein spezifisches musikalisches Kolorit zu erzeugen, flicht Egk in seine Partitur natürlich auch Anverwandlungen russischer Folklore ein, wobei er jedoch nur die typisch russische tetrachordische Grundstruktur für seine melodischen Gestalten nachahmt: »Die beabsichtigte Beziehung zur russischen Folklore wurde durch die häufige Anwendung einer modulationslosen tetrachordischen Melodik mit der charakteristischen, aus zwei aneinander gehängten Tetrachorden bestehenden siebentönigen Leiter hergestellt, aber auch durch die häufige Verwendung russischer Lied- und Tanzformen …« (Egk). Das Zitieren russischer Originalmelodien hat Egk hingegen bis auf eine Ausnahme vermieden. Lediglich das von Marja gesungene Volkslied »Stand ein Birkenbaum auf dem Felde« ist ein Originalzitat, das schon Tschaikowsky in seiner 4. Sinfonie verwendete.
Die Uraufführung des Revisor, der eine Auftragskomposition des Südwestfunks für die Schwetzinger Festspiele war, fand am 5. Mai 1957 im dortigen Rokokotheater in einer Inszenierung Günther Rennerts und unter der musikalischen Leitung des Komponisten statt. Schon bald folgten Inszenierungen des Ensemblestücks an vielen größeren und kleineren Bühnen. Es wurde als ein Beweis genommen, dass die oftmals totgesagte Buffa und heitere Spieloper auch im 20. Jahrhundert ihren Platz hat. Musikalisch betrachtet, darf man sogar vermuten, dass ein Werk wie Hans Werner Henzes Oper Der junge Lord (1965) nicht unwesentlich von Egks Gestaltungsprinzipien beeinflusst wurde. Die Vielfalt der musikalischen Tendenzen auf den Bühnen des Musiktheaters in den ausgehenden fünfziger Jahren lässt sich deutlich an Werken ablesen, die ebenfalls 1957 uraufgeführt wurden. Da stand Giselher Klebes Oper Die Räuber neben Wolfgang Fortners Bluthochzeit und Paul Hindemiths Harmonie der Welt. In Zürich ging die szenische Erstaufführung von Schönbergs Moses und Aron über die Bühne, und im selben Jahre hatte Rolf Liebermanns Neufassung seiner Schule der Frauen Premiere. Vor diesem Hintergrund kann Werner Egk mit seiner musikalischen Komödie vom Revisor durchaus einen eigenständigen Platz innerhalb der Entwicklung des Musiktheaters nach 1945 beanspruchen. - Thomas Weitzel
(OehmsClassics)
Zum Umfeld und der Entstehungsgeschichte der Oper wie auch zu Leben und Werk des Komponisten finden sich auf diesem Album umfangreiche Informationen, die als CD-ROM-Teil betrachtet werden können. Neben biografischen Materialien gibt es auch Beispiele der bildnerischen Arbeit Werner Egks sowie Szenenfotos der Augsburger Inszenierung. Das Material wird abgerundet durch zwei Radio-Interviews, die Werner Egk dem Bayerischen Rundfunk 1956 und 1976 gegeben hat.
Werner Egk: Der Revisor
Werner Egk, der bayerisch-schwäbische Komponist, der zumeist in einem Atemzug mit Carl Orff genannt wird, ist in erster Linie als Opern- und Ballettkomponist hervorgetreten. Mit erstaunlichem Geschick und literarischer Versiertheit hat er sich unterschiedlichsten Themen und dramatischen Dichtungen zugewendet, die er für das Musiktheater in seine eigene Sprache übersetzte. Den Anfang in einer Reihe von sieben großen Opernwerken bildete der 1932 als Funkoper für den Bayerischen Rundfunk entstandene Columbus. Der Durchbruch gelang Werner Egk aber nicht mit diesem experimentellen, zwischen Oper und Oratorium anzusiedelnden Werk, das auf das neue Medium des Rundfunks zugeschnitten worden war, sondern mit der 1935 in Frankfurt uraufgeführten Oper Die Zaubergeige. Dieser plastisch farbenreichen und zugleich heitervolkstümlichen Spieloper folgte die Auseinandersetzung mit der schillernden Figur des Peer Gynt nach der Vorlage von Ibsen. Die Berliner Uraufführung des Peer Gynt blieb zunächst ein singuläres Ereignis, da die Oper sehr schnell den Missmut der nationalsozialistischen Machthaber erregte. Aufmerksam wurde man auf das Werk daher erst wieder in den 50er Jahren, als sich Egk bereits mit einer anderen literarischen Vorlage beschäftigte, der Countess Cathleen von William Butler Yeats. Der moralisierende Hintergrund der von Yeats nacherzählten und dramatisierten irischen Sage regte Egk zu seiner bekenntnishaften und symbolträchtigen Oper Irische Legende (1955) an, die er selbst gerne als sein Hauptwerk bezeichnete. Im Gegensatz zu den gleichnishaften Bildern und metaphysisch-visionären Momenten dieses Werkes wagt sich Egk mit seiner Adaption des Revisor nach Gogol dann an einen Komödienstoff der Weltliteratur. Gogols heute noch oft gespielte Komödie entstand 1835 auf eine Anregung seines Freundes Alexander Puschkin binnen zweier Monate. Gogol hatte während seiner Arbeit an dem umfangreichen Roman Die Toten Seelen Puschkin aufgefordert, ihm doch ein Sujet mit einer echt russischen Anekdote zu schicken, die er in eine Komödie verwandeln könne. Puschkin ist dieser Aufforderung offensichtlich mit einem Bericht aus eigener Erfahrung nachgekommen. Er selbst wurde nämlich einmal auf einer seiner Reisen in einer russischen Kleinstadt aufgrund seines hauptstädtischen Kostüms und seiner Petersburger Physiognomie für einen Revisor gehalten, die damals zur verschärften Kontrolle der provinziellen Verwaltungsorgane von Zar Nikolaus I. eingesetzt wurden. Aber auch in der zeitgenössischen russischen Literatur gab es Vorbilder für die Irrtümer, die sich aus dem vermuteten Rang eines Reisenden ableiteten. So hat z. B. die Komödie Der Fremde aus der Hauptstadt (1827) des ukrainischen Schriftstellers Grigorij Kwitka-Osnowjanenko große Ähnlichkeit mit Gogols Komödie, nur mit dem Unterschied, dass der »Fremde« von Beginn der Geschichte an ein bewusster Betrüger ist. Chlestakow bei Gogol hingegen trägt nicht willentlich zu seiner Verwechslung bei. Aber auch in dem Lustspiel Die deutschen Kleinstädter des Schriftstellers August von Kotzebue, das bald ins Russische übersetzt wurde, konnte Gogol Vorbilder für korrupte Vetternwirtschaft in einem provinziellen Krähwinkel finden. Darüber hinaus mag ihm die russische Gattung der Ständesatire reiches Material für die Lasterhaftigkeit, Bestechlichkeit und Trunksucht der Beamtenschaft geliefert haben. Ein herausragendes Beispiel stellt in dieser Hinsicht Wassilij Kapnists Komödie Die Schikane über die Zustände an einem Provinzgericht dar.
Werner Egk schuf sich auf der Grundlage des Gogolschen Textes ein Libretto, in dem die krause Einfalls- und Personenfülle auf ein Minimum konzentriert wurde. Seine Arbeitsweise schilderte Egk selbst einmal plastisch in einem Gespräch: »Während eines Kuraufenthalts in Wörishofen lernte ich das Stück zunächst auswendig. Dann schrieb ich auf große Packpapierbögen, die ich zum Entsetzen des Zimmermädchens an Türen, Wände und Schränke heftete, jeweils mit großen Buchstaben den Inhalt und die Personen der einzelnen Szenen. Dann, als ich solchermaßen den Inhalt ganz überschaubar gemacht hatte, strich ich Gleichartiges aus, vereinfachte, reduzierte, schmolz verwandte Charaktere zusammen, bis ich, nachdem die Papierkörbe mehrmals hatten geleert werden müssen, ein klar gegliedertes Handlungsschema vor mir hatte.«
Auf diese Weise reduzierte er das im Original vierundzwanzig Personen umfassende Schauspiel auf dreizehn Sänger, sowie einen Tänzer und zwei Tänzerinnnen für das eingefügte Traumballett, das den Revisor als Objekt der Wunschträume von Frau und Tochter des Stadthauptmanns darstellt. Auch die von Gogol im vierten Akt seiner Komödie geschilderten Bestechungsszenen fasst Egk in einer nur instrumental untermalten, aber gestisch beredten Pantomime zusammen. Trotzdem gelingt es Egk den Humor und die Charakterzeichnung der Gogolschen Figuren zu erhalten. In seinen Anmerkungen, die der Komponist anlässlich der Uraufführung bei den Schwetzinger Festspielen 1957 verfasste, gibt Egk dem Kern von Gogols »Tragikomödie« auf menschliche Dummheit, Korruption und Amtsschlamperei einen Zug ins Allgemeinmenschliche: »Hätten die Regierungsschreiber recht gehabt und wäre das Werk Gogols nicht mehr als eine politische Satire gewesen, so wäre er mit der Gesellschaft, die es treffen sollte, untergegangen. Es überlebte aber seine Zeit und seine Kritiker, weil es durch das Medium der Gestalten seiner Zeit den Menschen selbst und seine immer gleichbleibenden, von der Epoche unabhängigen Schwächen darstellt.« Egk schien das Kostbarste an Gogols Komödie zu sein, »dass ihre Gestalten nicht verlorene, von uns abgetrennte, nur Gelächter und Ablehnung herausfordernde Wesen sind, sondern dass sie gleichzeitig Verständnis, Mitleid, ja sogar Sympathie erwecken«. Gerade in der Zeichnung der Figur des Stadthauptmanns wird dieses Komödienverständnis Egks besonders deutlich, wenn in seiner großen letzten Arie tragischhintergründige Töne der Verzweiflung anklingen und der Komödie eine Tiefenperspektive geben.
Formal hat sich Egk bei der Komposition des Revisor am für die Opera buffa typischen Prinzip der Nummernoper mit durchkomponierten und mit Seccorezitativen orientiert. Für den Zuhörer kaum merklich ist die Oper in 22 Nummern gegliedert, die sich aus dem fließenden Parlando zu Arien, Duetten, Quartetten etc. verdichten. Sein farbiger Orchestersatz ist von kammermusikalischer, ja geradezu »aperçuhafter« Transparenz, und der Theaterpraktiker Egk untermalt oft mit Sinn für Situationskomik die einzelnen Szenen. So hört man aus der streckenweise illustrativen Partitur Türenknallen, Ohrfeigen, jazzig verzerrte Marschfetzen, parodierte Kirchenmusik in Form eines pathetischen Chorals, wenn die Suppe aufgetragen wird, ein Witwenlamento und anderes mehr heraus. Triumphe feiert die Parodie geradezu, wenn der Pseudoweltmann Chlestakow die Damen im Hause mit einem original französischen Chanson von Charles Simon Favart »bezirzt«. Den Höhepunkt in der Abfolge von kunstvollen Ensemblenummern stellt zweifelsohne das A-capella-Nonett im fünften Akt dar. Wesentlichstes Lebenselement der Musik ist ihr immer vorwärtsdrängender, pulsierender Rhythmus. Dabei können einprägsame hämmernde Wiederholungen à la Orff neben spitzen Bläsereffekten à la Stravinsky stehen. Um ein spezifisches musikalisches Kolorit zu erzeugen, flicht Egk in seine Partitur natürlich auch Anverwandlungen russischer Folklore ein, wobei er jedoch nur die typisch russische tetrachordische Grundstruktur für seine melodischen Gestalten nachahmt: »Die beabsichtigte Beziehung zur russischen Folklore wurde durch die häufige Anwendung einer modulationslosen tetrachordischen Melodik mit der charakteristischen, aus zwei aneinander gehängten Tetrachorden bestehenden siebentönigen Leiter hergestellt, aber auch durch die häufige Verwendung russischer Lied- und Tanzformen …« (Egk). Das Zitieren russischer Originalmelodien hat Egk hingegen bis auf eine Ausnahme vermieden. Lediglich das von Marja gesungene Volkslied »Stand ein Birkenbaum auf dem Felde« ist ein Originalzitat, das schon Tschaikowsky in seiner 4. Sinfonie verwendete.
Die Uraufführung des Revisor, der eine Auftragskomposition des Südwestfunks für die Schwetzinger Festspiele war, fand am 5. Mai 1957 im dortigen Rokokotheater in einer Inszenierung Günther Rennerts und unter der musikalischen Leitung des Komponisten statt. Schon bald folgten Inszenierungen des Ensemblestücks an vielen größeren und kleineren Bühnen. Es wurde als ein Beweis genommen, dass die oftmals totgesagte Buffa und heitere Spieloper auch im 20. Jahrhundert ihren Platz hat. Musikalisch betrachtet, darf man sogar vermuten, dass ein Werk wie Hans Werner Henzes Oper Der junge Lord (1965) nicht unwesentlich von Egks Gestaltungsprinzipien beeinflusst wurde. Die Vielfalt der musikalischen Tendenzen auf den Bühnen des Musiktheaters in den ausgehenden fünfziger Jahren lässt sich deutlich an Werken ablesen, die ebenfalls 1957 uraufgeführt wurden. Da stand Giselher Klebes Oper Die Räuber neben Wolfgang Fortners Bluthochzeit und Paul Hindemiths Harmonie der Welt. In Zürich ging die szenische Erstaufführung von Schönbergs Moses und Aron über die Bühne, und im selben Jahre hatte Rolf Liebermanns Neufassung seiner Schule der Frauen Premiere. Vor diesem Hintergrund kann Werner Egk mit seiner musikalischen Komödie vom Revisor durchaus einen eigenständigen Platz innerhalb der Entwicklung des Musiktheaters nach 1945 beanspruchen. - Thomas Weitzel
(OehmsClassics)
- Tracklisting
- Details
- Mitwirkende
Disk 1 von 2 (CD)
Der Revisor (Oper in 5 Akten)
- 1 Szene 1 (1. Akt)
- 2 Szene 2
- 3 Szene 3
- 4 Szene 4
- 5 Szene 5
- 6 Szene 1 (2. Akt)
- 7 Szene 2
- 8 Szene 3
- 9 Szene 4
- 10 Szene 5
- 11 Szene 6
- 12 Szene 1 (3. Akt)
- 13 Szene 2
- 14 Szene 3
- 15 Szene 4
- 16 Szene 5
- 17 Szene 6
- 18 Szene 7
- 19 Szene 8
- 20 Szene 9
Disk 2 von 2 (CD)
- 1 Szene 1 (4. Akt)
- 2 Szene 2
- 3 Szene 3
- 4 Szene 4
- 5 Szene 5
- 6 Szene 6
- 7 Szene 7
- 8 Szene 8
- 9 Szene 9
- 10 Szene 10
- 11 Szene 11
- 12 Szene 1 (5. Akt)
- 13 Szene 2
- 14 Szene 2 (Fortsetzung)
- 15 Mute Scene
- 16 Interview mit Hans Kammeier
- 17 Interview mit Klaus Adam
- 18 Track 18
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Werner Egk (1901-1983)
Der Revisor (Komische Oper in 5 Akten)
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