Keith Jarrett: Concerts (Bregenz) auf CD

Bregenz ist wie eine Träumerei, von der die Aufmerksamkeit durch den zirkadianen Rhythmus des Lebens abgelenkt wurde. Ein ruhiger und ehrfürchtiger Ton durchdringt die anfänglichen Regungen, die manchmal wie Meteoriten im Rückwärtsgang in den Himmel schießen. Doch wenn Jarrett sich in jazzige Motive hineinlegt, hat man das Gefühl, dass er weder schwebt noch fällt, sondern in sanftester Lähmung emotiert. Er steigert die Dringlichkeit, stampft zu einer Trommel, die nur er hören kann. In jeder feierlichen Vertiefung der Tonart und jeder temperamentvollen Anhäufung findet eine ständige Vermittlung statt. Wie Finger, die sich entrollen, schmilzt seine Musik durch Spannung und Ego. Schostakowitschsche Schnörkel ermöglichen einen ekstatischen Übergang in den zweiten Teil, wo das Uhrwerk seines Instruments sein darstellendes Selbst weiter öffnet. Er ist ein Spiegelbild des Inneren und entlockt ihm Rollen, die sich an den Rändern unvorhersehbarer Zukünfte entlang in die Stille des angehaltenen Atems summend bewegen. Wäre da nicht der Applaus, könnte der Zauber nie gebrochen werden. "Untitled" ist prägnant und hell synkopiert, geprägt von Jarretts Paroxysmen. Das Publikum reagiert verdientermaßen heftig darauf, bevor es mit dem hymnischen und kultigen "Heartland" einen gefühlvollen Schlusspunkt setzt.