Jan Garbarek & Keith Jarrett: Luminessence
Luminessence
CD
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
- Label: ECM, 1974
- Bestellnummer: 8811828
- Erscheinungstermin: 8.8.1989
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Nachdem ich Keith Jarrett in erster Linie durch seine erstaunlichen improvisatorischen Fähigkeiten und klassischen Interpretationen kennengelernt habe, ist diese Aufnahme meine erste Begegnung mit ihm als Komponist. Einerseits habe ich das Gefühl, dass die Niederschrift von Jarrett sein Potenzial irgendwie einschränkt (man beachte z. B. seine verständlicherweise lange Zeit bestehende Abneigung, eine Partiturversion des gelobten Köln-Konzerts zu veröffentlichen). Auf der anderen Seite hat Jan Garbarek so viel Freiraum auf dem eisigen Terrain, auf dem er auf dieser Aufnahme eingesetzt wird, dass er Jarretts Essenz in vollem Umfang kanalisieren kann. Es ist schwer vorstellbar, dass Jarretts Musik anders sein könnte.
Jedes Werk für Solist und Orchester kann mit einem Gespräch verglichen werden, bei dem der Solist Themen einbringt, die der Solist "verbal" verarbeiten muss. Irgendwann beginnt sich diese dialektische Beziehung während des Aufnahmeprozesses zu verselbständigen. Doch wenn man Jarretts Kompositionen hört, erlebt man keine Konversation, sondern eine Umwandlung, eine Verklärung in Echtzeit, bei der die Musik eher implodiert als sich ausdehnt. Garbarek interagiert nicht mit dem Orchester, sondern durchquert es, hebt und senkt seine beschwerten Füße über die mit Kolophonium bestäubte Fläche. Wenn es hier einen Dialog gibt, dann ist er ausschließlich intern.
"Numinor" bahnt sich seinen Weg in das Blickfeld des Zuhörers, über das Garbarek mit schwermütiger Rohrblattarbeit eine Reihe von zerklüfteten Konstellationen zeichnet. Das Orchester blutet manchmal, als wäre es ein Tuch, das von den Kanten dieser düsteren Betrachtungen zerschnitten wird. Garbarek schreit mit seinem Instrument, das er wie eine Erweiterung seiner Stimme behandelt, indem er durch die Platzierung seiner Finger Silben anstelle von Noten artikuliert. Auch wenn wir die Sprache nicht erkennen können, kommt etwas Verständliches durch. Trotz einiger inspirierter Solopassagen bleibt die Musik dezidiert horizontal: Jeder Schritt nach vorne wird durch einen Schritt zur Seite konterkariert. Es gibt jedoch eine unglaublich bewegende Szene in der letzten Passage von "Windsong", in der das Saxophon mit seiner Umgebung verschmilzt und einen intimen Moment der Kontinuität teilt, der durch sein unerwartetes Aufhören umso süßer wirkt. Der Titeltrack, der die Scheibe abschließt, ist verspielt und romantisch und schlängelt sich durch dreistimmige Wegweiser. Die Stimmung ist widersprüchlich, Garbarek führt zwei völlig unterschiedliche Dialoge, die wie einer wirken.
Insgesamt empfinde ich Luminessence als eine Herausforderung beim Hören. Nicht, weil die Musik besonders modernistisch ist, sondern weil Jarrett die oft verborgene Dynamik der Autorenschaft, die wir als selbstverständlich ansehen, so sichtbar macht. Als jemand, der den Begriff der Musikalität in allem, was er anfasst, ständig erweitert, liefert uns Jarrett hier ein unverblümtes Dokument des Kompositionsprozesses. Es ist das hörbare Äquivalent zu einem Blick in das Skizzenbuch des Meisters. Ich finde auch, dass dieses Album trotz seines leuchtenden Titels ziemlich düster ist, wie ein verborgener Schatten unter der nicht aufgeschlagenen Seite. Es ist ein Album, das so viele Worte auslöscht, wie es einträgt, ein Erinnerungsbuch, das eher aus Bildern als aus Prosa besteht. All das macht es zu einem effektiven, wenn auch fadenscheinigen Projekt. Es gibt nur sehr wenige Motive, und das ist befreiend, denn man ist weder der oft dominierenden Reprise noch der Unterordnung von Nebenthemen ausgesetzt. Die Noten werden auf eine Art und Weise gehalten, wie sie vorher nicht gehalten werden konnten, und enden so abrupt wie sie begonnen haben. Dieser Prozess veranschaulicht das clevere Wortspiel des Titels, eine Symbiose aus Farbe und undurchsichtigem Verlangen.
Jedes Werk für Solist und Orchester kann mit einem Gespräch verglichen werden, bei dem der Solist Themen einbringt, die der Solist "verbal" verarbeiten muss. Irgendwann beginnt sich diese dialektische Beziehung während des Aufnahmeprozesses zu verselbständigen. Doch wenn man Jarretts Kompositionen hört, erlebt man keine Konversation, sondern eine Umwandlung, eine Verklärung in Echtzeit, bei der die Musik eher implodiert als sich ausdehnt. Garbarek interagiert nicht mit dem Orchester, sondern durchquert es, hebt und senkt seine beschwerten Füße über die mit Kolophonium bestäubte Fläche. Wenn es hier einen Dialog gibt, dann ist er ausschließlich intern.
"Numinor" bahnt sich seinen Weg in das Blickfeld des Zuhörers, über das Garbarek mit schwermütiger Rohrblattarbeit eine Reihe von zerklüfteten Konstellationen zeichnet. Das Orchester blutet manchmal, als wäre es ein Tuch, das von den Kanten dieser düsteren Betrachtungen zerschnitten wird. Garbarek schreit mit seinem Instrument, das er wie eine Erweiterung seiner Stimme behandelt, indem er durch die Platzierung seiner Finger Silben anstelle von Noten artikuliert. Auch wenn wir die Sprache nicht erkennen können, kommt etwas Verständliches durch. Trotz einiger inspirierter Solopassagen bleibt die Musik dezidiert horizontal: Jeder Schritt nach vorne wird durch einen Schritt zur Seite konterkariert. Es gibt jedoch eine unglaublich bewegende Szene in der letzten Passage von "Windsong", in der das Saxophon mit seiner Umgebung verschmilzt und einen intimen Moment der Kontinuität teilt, der durch sein unerwartetes Aufhören umso süßer wirkt. Der Titeltrack, der die Scheibe abschließt, ist verspielt und romantisch und schlängelt sich durch dreistimmige Wegweiser. Die Stimmung ist widersprüchlich, Garbarek führt zwei völlig unterschiedliche Dialoge, die wie einer wirken.
Insgesamt empfinde ich Luminessence als eine Herausforderung beim Hören. Nicht, weil die Musik besonders modernistisch ist, sondern weil Jarrett die oft verborgene Dynamik der Autorenschaft, die wir als selbstverständlich ansehen, so sichtbar macht. Als jemand, der den Begriff der Musikalität in allem, was er anfasst, ständig erweitert, liefert uns Jarrett hier ein unverblümtes Dokument des Kompositionsprozesses. Es ist das hörbare Äquivalent zu einem Blick in das Skizzenbuch des Meisters. Ich finde auch, dass dieses Album trotz seines leuchtenden Titels ziemlich düster ist, wie ein verborgener Schatten unter der nicht aufgeschlagenen Seite. Es ist ein Album, das so viele Worte auslöscht, wie es einträgt, ein Erinnerungsbuch, das eher aus Bildern als aus Prosa besteht. All das macht es zu einem effektiven, wenn auch fadenscheinigen Projekt. Es gibt nur sehr wenige Motive, und das ist befreiend, denn man ist weder der oft dominierenden Reprise noch der Unterordnung von Nebenthemen ausgesetzt. Die Noten werden auf eine Art und Weise gehalten, wie sie vorher nicht gehalten werden konnten, und enden so abrupt wie sie begonnen haben. Dieser Prozess veranschaulicht das clevere Wortspiel des Titels, eine Symbiose aus Farbe und undurchsichtigem Verlangen.
- Tracklisting
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
- 1 Numinor
- 2 Windsong
- 3 Luminessence
Jan Garbarek & Keith Jarrett
Luminessence
EUR 18,99*