Ennio Porrino: I Canti dell 'Esilio (Songs of Exile) auf CD

Die ersten zwölf der fünfzehn Lieder in I canti dell'esilio – ursprünglich für Stimme und kleines Orchester geschrieben – wurden in den ersten Monaten des Jahres 1945 komponiert, vor dem Eintreffen der alliierten Streitkräfte in Venedig im April, dem Ende des Krieges. Sie sind ein klares Spiegelbild einer ideologischen Entscheidung, die Ennio Porrino leitete: Er wählte Texte mit Verbindung zu einer »Tradition« und entwickelte eine musikalische Sprache, die die Klarheit der Melodie bewahrte und mit der Prosodie des Textes harmonierte. Unterstützt wurde dies durch modale und chromatische Harmonien innerhalb der von Debussy und seinem Einfluss gesetzten Grenzen. Alle 15 Canti dell'esilio folgen dieser Struktur, besonders aber die ersten zwölf, in denen sich die klassischen Quellen (griechische Dichter, neu übersetzt in Salvatore Quasimodos heute berühmten Versionen) und die mittelalterlichen Pseudo-Troubadour-Quellen (in Altfranzösisch, Deutsch und Spanisch) mit dem poetischen Erbe Italiens überschneiden. Die nach einem historischen Prinzip geordneten Werke lassen darauf schließen, dass Porrino einen Zyklus verschiedener Epochen der italienischen Literatur schaffen wollte.

Der erste Teil der Sammlung umfasst die drei griechischen Lieder, die drei Troubadourlieder und die drei altitalienischen Lieder (13.–15. Jahrhundert). Diese zeichnen sich durch ihre Lebendigkeit und ihren Charme aus, obwohl einfache modale Verläufe gelegentlich melancholisch anmuten. Der zweite Teil beginnt mit den italienischen Liedern des 16. und 18. Jahrhunderts, in denen eine vitale, extrovertierte Energie in Bewegung, Klang und Gestik vorherrscht, die ans Theatralische grenzen. Die letzten drei Lieder greifen dann in ihren Titeln das Thema »Exil« wieder auf. Während das Wort »Exil« im Gesamttitel der Sammlung den Trost andeuten könnte, den die Exilierten in der Poesie suchten und fanden, nimmt es in dieser letzten Untergruppe von drei Werken eine persönlichere Bedeutung von Nostalgie und Trauer an und ruft unweigerlich das Schicksal des Komponisten in jenem tragischen Frühjahr 1945 in Erinnerung. Die Texte stammen von Porrino selbst und bringen seine persönliche Verzweiflung zutiefst zum Ausdruck.

Die andere Sammlung dieser Aufnahme, die Canti di stagione (Lieder der Jahreszeiten), gehört zu einer freudigeren Periode in Porrinos Leben, als er Anfang 20 war. Dieses 1934 komponierte Werk fiel mit seiner Teilnahme an Respighis fortgeschrittenem Kompositionskurs und der Entstehung der Kammerlieder Francesco Santoliquidos zusammen, deren tragischer Einfluss Porrinos spätere Entscheidungen stark prägen sollte. Die Sammlung beginnt mit Notte d'inverno (Winternacht), gesetzt mit dunklen und düsteren Tönen und schweren Ostinati, die eine dramatische Deklamation unterstützen. Im starken Kontrast dazu ist Mattino d'aprile nel bosco (Aprilmorgen im Wald) ein leichter, sonniger Tanz. Das dritte Stück, Afa (Hitze), vermittelt die Erschöpfung der drückenden Sommerhitze durch einen monotonen, schweren Rhythmus. Das vierte Stück, Autunnale (Herbst), ist breit und komplex, sein Rhythmus lebendig und einnehmend.

Weitere Informationen:

- Aufgenommen im Juni 2024 in Rom, Italien

- Das zweisprachige Booklet in Englisch und Italienisch enthält Linernotes der Tochter des Komponisten, Stefania Porrino

- Ennio Porrino (1910–1959) war ein italienischer Komponist, der für seine tiefe Verbundenheit mit sardischen Musiktraditionen und seine Fähigkeit, diese mit modernen Kompositionstechniken zu verbinden, bekannt war. Porrino wurde in Cagliari, Sardinien, geboren und studierte Komposition bei Ottorino Respighi, was seine reiche und eindrucksvolle Orchestrierung beeinflusste. Seine Werke spiegelten oft die Landschaften, die Folklore und die kulturelle Identität Sardiniens wider und machten ihn zu einer bedeutenden Figur der italienischen Musik des 20. Jahrhunderts.

– Eine seiner bemerkenswerten Kompositionen ist I canti dell'esilio (Lieder des Exils) aus dem Jahr 1945. Dieses Werk, das am Ende des Zweiten Weltkriegs entstand, ist zutiefst emotional und spiegelt Themen wie Sehnsucht, Vertreibung und Nostalgie wider. Der Titel selbst suggeriert ein Gefühl des Exils – möglicherweise symbolisch für die umfassendere Vertreibung durch den Krieg oder eine persönlichere Reflexion über Isolation und Identität. Das Stück zeichnet sich durch ausdrucksstarke Melodien, ergreifende Harmonien und eine unterschwellige Melancholie aus.

– Aufgeführt von Angela Nisi (Sopran) und Enrica Ruggiero (Klavier).