Valentin Silvestrov: Klavierwerke "Melodies of Silence" auf CD

In seiner Booklet-Notiz zu dieser wertvollen neuen Aufnahme beschreibt Valentin Silvestrov, wie diese Stücke »unbeabsichtigt und spontan« entstanden sind. Zwischen 2003 und 2017 komponierte er etwa 30 Stunden kurzer Stücke für Klavier solo, gruppierte sie in Zyklen von 2-10 Stücken und organisierte sie dann in »Super-Zyklen« von Bagatellen, die dafür gedacht sind, kontinuierlich gespielt zu werden und »eine lange Kette von musikalischen Momenten zu bilden«.

Der polnische Pianist Tomasz Kamieniak präsentiert auf diesem Album einen dieser Super-Zyklen. Ich empfehle dringend, diese Platte ohne Unterbrechung zu hören», schreibt Silvestrov. Dann wird der metaphorische Charakter dieser Musik deutlicher. Das ist keine Neo-Romantik, es gibt keine Stilisierung, sondern vielleicht etwas Neues, eine versteckte Modernität«.

Es war in der Tat diese Qualität der versteckten Modernität, etwas, das aus der Vergangenheit zurückgeholt und wieder neu gemacht wurde, die Silvestrov eine kultische Anhängerschaft verschaffte, als als die Melodiya-Aufnahme seiner Fünften Symphonie in den 1980er Jahren Europa erreichte. Seitdem umfasst sein Schaffen Instrumentalmusik fast aller Genres sowie ein schmerzhaft schönes Requiem, das er zu Ehren seiner verstorbenen Frau Larissa Bondarenko geschrieben hat. Silvestrovs Ziel ist es, mit fast all seiner Musik Frieden und Trost zu spenden.

In einer zweiten Notiz für das Album erklärt Tomasz Kamieniak, dass diese Musik schwieriger aufzuführen ist, als sie vielleicht klingt. Auf einer einzigen Seite, manchmal innerhalb einer einzigen Zeile, sind die Partituren akribisch durch eine breite Palette von Dynamik- und Phrasierungsmerkmalen geprägt, die sich fast alle innerhalb eines weichen Spektrums bewegen und den Interpreten dazu ermutigen, leicht und sanft zu spielen, als ob sie von weit her kämen, und so eine Stimmung der Erinnerung und sanften Elegie hervorrufen.

Ich habe die Klavierstücke, die zwischen 2003 und 2017 ungewollt und spontan entstanden sind, Bagatellen genannt. Eine Scheibe Bagatellen, ähnlich einem Konzert ohne Pause, besteht aus 70 Minuten durchgehendem Klang. Ich empfehle Ihnen dringend, sich diese Scheibe ohne Unterbrechung anzuhören: dann wird der metaphorische Charakter dieser Musik deutlicher, und dass dies keine Neoromantik ist, keine Stilisierung, sondern vielleicht etwas Neues, eine versteckte Modernität. Wir erinnern uns an die Worte von Osip Mandelstam: »Vielleicht wurde das Flüstern vor den Lippen geboren...«.

Ich würde sogar so weit gehen und die Bagatellen als »Sinfonien für Klavier« bezeichnen, im wörtlichen Sinne des Wortes »Sinfonie« - Konsonanz. Diese Stücke sind »Sinfonien der Momente« und »Melodien der Stille«, die nicht nur aus Musik, sondern auch aus Pausen bestehen, die ebenfalls Musik sind. Vielleicht kommt hier eine der Funktionen der Musik zum Vorschein - ein Trost zu sein». Diese Worte stammen vom Komponisten selbst, Valentin Silvestrov. Silvestrov wurde 1937 in der Ukraine geboren und darf neben seinen Zeitgenossen Arvo Pärt und Giya Kancheli zu den zutiefst spirituellen Komponisten des 20. Jahrhunderts gezählt werden.

Der polnische Pianist Tomasz Kamieniak, ein Verfechter der zu Unrecht vergessenen Komponisten des 20. Jahrhunderts, spielt das Werk mit einem tiefen Gefühl der Ruhe und Kontemplation.