Giovanni Maria Bononcini: Arien,Correnti,Sarabande,Gighe & Allemande op.4 auf CD

Um Bononcinis Opus 4 zu verstehen, ist es angebracht, den Begriff der Sonate des 17. Jahrhunderts zu klären.

Dieser Begriff bezog sich regelmäßig nur auf die Kirchensonate, bei der die verschiedenen Sätze – oder vielmehr aufeinanderfolgende Momente – von der Orgel unterstrichen und durch ihr Tempo angegeben wurden (im Allgemeinen Allegro und Adagio, obwohl diese Angaben manchmal fehlten).

Bei der Kammersonate variierte die Terminologie je nach Ort: In Italien genügte eine Liste der verschiedenen Tänze, während Deutschland, Frankreich und England die Begriffe Partita, Ordre, Suite und Suite de Lessons bevorzugten.

Dieses Genre war noch recht frei und verfügte noch nicht über die obligatorischen vier kanonischen Tänze. Tatsächlich sorgte sogar die gelegentliche Arie, Arietta oder Balletto für Abwechslung. Während anderswo die Tanzreihe mit dem Cembalo in Verbindung gebracht wurde, bestand Italien stattdessen auf einer Violinbesetzung für eine oder zwei Stimmen. Die Triosonate dominierte keineswegs andere Ensembles, die bis zu vier oder fünf Instrumentalstimmen umfassten. Musik für Solovioline war ebenso üblich, mit der Möglichkeit, bei Bedarf eine zweite Violine hinzuzufügen.

Der musikalische Tanz war, kurz gesagt, bereits eine sehr stilisierte Komposition – in der Kammer, im Konzert oder einfach als Hörunterhaltung –, hatte aber dennoch seine tänzerischen Ursprünge nicht vergessen, und einige Veröffentlichungen unterschieden sogar zwischen Tänzen, die »da ballo« gedacht waren, und solchen, die »da camera« gedacht waren (die von Bononcini und Vitali von 1667).

In dieser Masse an Instrumentalmusik, die für höfische (oder kirchliche) Zwecke geschrieben wurde, sticht Bononcinis Opus 4 nicht durch jene formalen Aspekte hervor, die sowohl einer Volksschule als auch einer nationalen Kultur gemeinsam waren. Stattdessen glänzen sie einzigartig durch ihre Spontaneität, Anmut, melodische Erfindungsgabe und gut gewählte Klangfarbe. Jeder Tanz besteht aus zwei wiederholten Teilen, die fast immer ziemlich kurz sind. Alle haben einen Titel, der eindeutig von einem Nachnamen abgeleitet ist.

Die überwiegende Mehrheit von ihnen beginnt mit einem rhythmischen Auftakt, jene »in stil francesce« haben einen typischen punktierten Rhythmus, und oft wird dieselbe Tonart von zwei oder drei aufeinanderfolgenden Stücken verwendet. Die Melodielinie ist dennoch immer neu und lebhaft, mit Charakter und Persönlichkeit, und trotz einiger deutlicher Verweise auf die Toccata und mehr als einer suggestiven Andeutung von Vokalmusik sind diese Werke immer erlesen und inhärent idiomatisch für die Violine.