Die Randgruppencombo: Ich klemme die Zeiger fest: Das letzte Konzert aus dem Festsaal Kreuzberg 2022 auf 2 CDs

Es bleibt ein bizarres, weil wirklich geglücktes Stück von West-Ost-Wahrnehmung. Dies ist viel zu selten und deshalb doppelt kostbar: Über 20 Jahre - vom Sommer 2000 bis zum Jahreswechsel 2022 - kamen die Tübinger, die mittlerweile längst über ganz Deutschland verstreut leben, arbeiten und (gelegentlich) musizieren, zu weit über 200 Konzerten zusammen.

Bei den ersten Auftritten im Osten hatte die Gundermann-Gemeinde Tomaten der Güteklasse III in Reichweite. Nun werden es eher Taschentücher sein, die dann wohl auch benutzt werden. Was in der Musiklandschaft selten geschieht, passiert bei den Konzerten der Combo. Das Publikum, welches die Gundermann-Songs wie Lebensmittel aufsaugt (konsumiert taugt nicht), verjüngte sich. Mittlerweile hat wohl die Hälfte des hellwachen Publikums selbst nie Gerhard Gundermann live erlebt. Dass wir – vor dem herausragenden Andreas Dresen-Film – davon wissen, dafür trägt über 22 Jahren diese Combo aus Süddeutschland ein gerütteltes Maß an mit - weil Eigenverantwortung.

Ihre Konzerte sind ohne Sentimentalität und Eitelkeit, dafür mit Spielfreude, ja Begeisterung, durch die der Folkrock in den Volksliedern des Gerhard Gundermann seine getanzte Auferstehung erlebt. Seit dem Jahr 2000 spielte die Randgruppencombo unter Leitung von Heiner Kondschak allein über 100 Vorstellungen im Landestheater Tübingen. Keine Eigen-Inszenierung hat dies dort bis heute geschafft – Für ein nicht budgetiertes Hobbyprojekt ein bemerkenswertes Ergebnis. Das Programm wurde dabei beständig erweitert, überarbeitet und um viele bislang unveröffentlichte Gundermann-Stücke ergänzt.

Das letzte – wie immer ausverkaufte Konzert – vom 29.12.2022 im Festsaal Kreuzberg ist viel, viel mehr als ein Dokument. Die zehnköpfige Combo, ausgestattet mit mehr als zwei Dutzend Instrumenten, getragen und getrieben von der bärenstarken Kombination aus Drums und Bass - und das singende, jubilierende, wehmütige Publikum geben zusammen nochmals alles, so als gäbe es kein Danach. Am Ende singt ein tausend stimmiger Chor „Immer wieder wächst das Gras“. Nicht nur dies wird bleiben!