Wladimir Kaminer: Ich bin kein Berliner
Ich bin kein Berliner
Buch
- Ein Reiseführer für faule Touristen
- Goldmann, 04/2007
- Einband: Kartoniert / Broschiert
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783442542406
- Bestellnummer: 7537424
- Umfang: 256 Seiten
- Sonstiges: m. Illustr. v. Vitali Konstantinov.
- Copyright-Jahr: 2007
- Gewicht: 250 g
- Maße: 189 x 120 mm
- Stärke: 25 mm
- Erscheinungstermin: 15.4.2007
- Serien: Goldmanns Taschenbücher - Band 54240 , Manhattan
Beschreibung
Der bekannteste und beliebteste Berliner führt durch seine Stadt, ein Reiseführer der anderen Art. Es gibt derzeit wohl kaum einen bekannteren Berliner als Wladimir Kaminer. Und keinen, der geeigneter wäre, die Stadt einem Touristen in all ihren Facetten vorzustellen. Von einer kurzen Einführung in die Berliner Historie über Geschichten zu Sehenswürdigkeiten am Wegesrand oder das Verhalten japanischer Touristen bringt Wladimir Kaminer auf gewohnt witzig-charmante Art dem Leser seine neue Heimat näher. Dabei dürfen natürlich auch praktische Hinweise nicht fehlen. Dazu gehören kleine Spazierrouten, dank derer man auf den Spuren von Wladimir Kaminer durch die Stadt schlendern kann, sowie Adressen origineller Restaurants, Geschäfte und anderer im Buch vorgestellten Attraktionen.Auszüge aus dem Buch
Ich bin kein BerlinerIch bin kein Berliner. Ich bin auch nicht Deutschland . Die Social-Marketing-Kampagne des letzten Jahres Du bist Deutschland hat mich nur irritiert. Ich kenne mich hier nicht wirklich aus. Vor f nfzehn Jahren kam ich nach Ostberlin, aus Gr nden, die mir bis heute r elhaft geblieben sind. Wahrscheinlich war es blo Neugier auf die Welt und ungebremste Reiselust, die mich damals nach Berlin trieben. Die Reise erwies sich als fatale Entscheidung. Einmal hier gelandet, kommt man kaum mehr weg. Berlin bindet.
Alle Einheimischen, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe, wollten immer als Erstes wissen, wieso ich damals ausgerechnet Berlin beziehungsweise Deutschland als Reiseziel gesucht hatte. Meine Ausweichantworten Es hat sich so ergeben oder Ich bin in den falschen Zug gestiegen konnten sie nicht zufriedenstellen. Wenn ich aber zur Abwechslung sagte, ich f e Deutschland gut und Berlin sei eine tolle Stadt, wollte mir das einfach keiner glauben.
Die Eingeborenen zeigen sich in der Regel sehr kritisch ihrem Land und ihrer Stadt gegen ber. Erst vor kurzem traf ich in unserer Stammkneipe einen Journalisten aus Bochum, der genau wie ich vor f nfzehn Jahren nach Berlin ausgewandert war und mich nicht nach den Gr nden meiner damaligen Abreise fragte. Von sich behauptete er sogar ungeniert, ihm w es schon immer klar gewesen, dass er hier in einem Paradies lebe. Alle G e, die unserem Gespr lauschten, hatten sofort Abstand von dem Mann genommen. Die Wirtin vermutete sp r, er w unter Drogen gestanden. Inzwischen wei ich, was diese st ige Fragerei soll: Es ist eine Art Flirt. Das Land will gefallen, sch sich aber, es ffentlich zuzugeben. Unsere Liebesbeziehung steckt deswegen permanent in einer Krise, die aber f r beide Seiten fruchtbar ist.
Schon an meinem ersten Tag in Berlin musste ich im Berliner Polizeipr dium am Alexanderplatz mit ein paar anderen Russen zusammen Frageb gen ausf llen, um humanit s Asyl gew t zu bekommen. Die Frage Aus welchem Grund haben Sie Deutschland gew t, und was haben Sie in Deutschland vor? stand ganz oben auf der Liste. Niemand von meinen Landsleuten hatte eine Idee, wie man diese Frage vern nftig beantworten konnte. Sie waren alle mehr oder weniger zuf ig in Deutschland gelandet, weil sie zum Beispiel eine nette deutsche Tante hatten oder einen deutschen Freund, der sie eingeladen hatte. Ein erer, intelligent aussehender Mann, der Einzige aus unserer Asylantengruppe, der ber gute Deutschkenntnisse verf gte, schrieb, er sei ein Bewunderer der deutschen Kultur und Sprache, woraufhin alle anderen diesen Satz von ihm bernahmen.
Mit einer Zweimonatsduldung verlie n wir, die frisch gebackenen Deutschkultur-Bewunderer, damals das Polizeipr dium am Alex. Zwei Monate m ssten euch reichen, um die deutsche Kultur gr ndlich kennenzulernen , witzelte der zust ige Beamte. Dreizehn Jahre sp r, als ich hier die Staatsangeh rigkeit f r mich und meine Kinder beantragte, wurde ich erneut in den unz igen Formularen mit der gleichen Frage konfrontiert. Warum Deutschland? , wollte man von mir wissen.
Die jungen Russen und Ukrainer, die sich heute als Au-pair-M hen beziehungsweise -Jungs f r deutsche Kinder bewerben oder sich zum Studium in Berlin anmelden wollen, f llen liche Frageb gen aus. Sie m ssen darin verst lich machen, warum sie unbedingt in Deutschland studieren oder arbeiten wollen und nicht zum Beispiel in Zimbabwe, und was sie an Deutschland besonders sch en. Die meisten schreiben immer das Gleiche voneinander ab: Deutsche Ordnung, P nktlichkeit und Genauigkeit (!) m chte ich lernen. Diese Eigenschaften werden mir auf meinem beruflichen Weg sehr helfen. Als ob sie alle sp r Polizisten, Zugabfertiger oder Stra nfeger werden wollen.
Warum m ssen die Deutschen unbedingt wissen, was die anderen ber sie denken? , fragte mich einmal ein Au-pair-M hen, und ich konnte ihr keine vern nftige Antwort geben.
Sag ehrlich, wa
Biografie
Wladimir Kaminer wurde 1967 in Moskau geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Toningenieur für Theater und Rundfunk und studierte anschließend Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Seit 1990 lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin. Kaminer veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen deutschen Zeitungen und Zeitschriften, hat eine wöchentliche Sendung namens "Wladimirs Welt" beim SFB4 Radio MultiKulti, wo er jeden Samstag seine Notizen eines Alltags-Kosmonauten zu Gehör bringt, und er organisiert im Kaffee 'Burger' Veranstaltungen wie seine inzwischen berüchtigte "Russendisko". Mit der gleichnamigen Erzählsammlung avancierte das kreative Multitalent über Nacht zu einem der beliebtesten und gefragtesten Jungautoren in Deutschland. 2006 erhielt Wladimir Kaminer den Literaturpreis der Stahlstiftung Eisenhüttenstadt.Anmerkungen:
Bitte beachten Sie, dass auch wir der Preisbindung unterliegen und kurzfristige Preiserhöhungen oder -senkungen an Sie weitergeben müssen.
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