Jan Assmann: Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus
Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus
Buch
- Carl Hanser Verlag, 02/2010
- Einband: Kartoniert / Broschiert, ,
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783446236752
- Bestellnummer: 7622003
- Umfang: 288 Seiten
- Copyright-Jahr: 2010
- Gewicht: 333 g
- Maße: 203 x 121 mm
- Stärke: 22 mm
- Erscheinungstermin: 15.2.2010
Klappentext
Ob Christentum, Judentum oder Islam - alle monotheistischen Weltreligionen sind Kinder einer Revolution: die Ablösung der vielen Götter durch den alleinigen Gott. Diese Umwälzung brachte für unsere Vorstellung von der Welt, für unser Menschenbild und für unsere Ethik fundamentale Veränderungen mit sich. Dass der Kultur- und Religionstheoretiker Jan Assmann sie zugleich als Quelle von Intoleranz, Gewalt, Hass und Ausgrenzung sieht, macht seinen Essay zu einer explosiven Provokation.Auszüge aus dem Buch
Irgendwann im Laufe des Altertums die Datierungen schwanken zwischen der späten Bronzezeit und der Spätantike ereignete sich eine Wende, die entscheidender als alle politischen Veränderungen die Welt bestimmt hat, in der wir heute leben. Das ist die Wende von den "polytheistischen" zu den "monotheistischen" Religionen, von Kultreligionen zu Buchreligionen, von kulturspezifischen Religionen zu Weltreligionen, kurz: von "primären" zu "sekundären" Religionen, die sich zumindest in ihrem Selbstverständnis weniger aus den primären Religionen in einem Evolutionsprozeß entwickelt, als vielmehr in einem Revolutionsakt von ihnen abgewandt haben.Primäre Religionen sind über Jahrhunderte und Jahrtausende historisch gewachsen im Rahmen einer Kultur, Gesellschaft und meist auch Sprache, mit der sie unablöslich verbunden sind. Dazu gehörten auch die Kult- und Götterwelten der ägyptischen, babylonischen und griechisch-römischen Antike. Sekundäre Religionen dagegen sind Religionen, die sich einem Akt der Offenbarung und Stiftung verdanken, auf den primären Religionen aufbauen und sich typischerweise gegen diese abgrenzen, indem sie sie zu Heidentum, Götzendienst und Aberglauben erklären. Alle sekundären Religionen, die zugleich Buch-, Welt- und (mit Ausnahme vielleicht des Buddhismus) auch monotheistische Religionen sind, blicken auf die primären Religionen als "Heidentum" herab. Auch wenn sie im Zuge einer "synkretistischen Akkulturation" viele Elemente primärer Religionen in sich aufgenommen haben, sind sie in ihrem Selbstverständnis doch vom Pathos einer "antagonistischen Akkulturation" geprägt und haben starke Begriffe von dem, was mit ihrer Wahrheit (bzw. Orthodoxie) unvereinbar ist. Diese Wende hat nicht nur theologische Aspekte im Sinne einer Wandlung der Gottesvorstellung; im Sinne einer Wandlung von kulturspezifischen zu Weltreligionen hat sie auch einen politischen Aspekt. Religion wandelt sich von einem unablösbar in die staatlichen, sprachlichen und kulturellen Rahmenbedingungen einer Gesellschaft eingeschriebenen und mit Kultur nicht nur koextensiven, sondern praktisch gleichbedeutenden System zu einem autonomen System, das sich von diesen Rahmenbedingungen emanzipieren, alle politischen und ethnischen Grenzen überschreiten und sich in anderen Kulturen enkulturieren kann. Diese Wende hat aber nicht zuletzt auch einen medientechnischen Aspekt, als Wende von der Kult- zur Buchreligion, die ohne die Erfindung der Schrift und ihre konsequente Nutzung zur Kodifizierung von offenbarten Wahrheiten nicht möglich gewesen wäre. Alle monotheistischen Religionen, auch der Buddhismus, ruhen auf einem Kanon heiliger Schriften auf. Dazu kommt ein psychohistorischer Aspekt, den vor allem Sigmund Freud herausgestellt hat: Die Wende zum Monotheismus mit seinen ethischen Forderungen, seiner Betonung des inneren Menschen und seinem Charakter als "Vaterreligion" verbindet sich mit einer neuen Geisteshaltung und einem neuen "Seelentum", die das abendländische Menschenbild entscheidend geprägt haben. Schließlich handelt es sich bei dieser Wende auch ganz allgemein um einen Wandel des Weltbilds und vor allem des menschlichen Weltverhältnisses.
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Vor dieser Wende gab es nur historisch gewachsene Stammes- sowie "polytheistische" Kult- und Nationalreligionen, nach dieser Wende gibt es neben einigen dieser in verschiedenen Kulturen noch weiter existierenden historisch gewachsenen Religionen auch neue Religionen, denen die Merkmale des Monotheismus, der Buch- oder Offenbarungsreligion und der Weltreligion gemeinsam sind, auch wenn man sich fragen kann, ob der Bud
Biografie
Jan Assmann, geboren 1938, hatte von 1976 bis 2003 den Lehrstuhl für Ägyptologie an der Universität Heidelberg inne und leitet seit 1978 ein Grabungsprojekt in Luxor (Oberägypten). Seit 2005 ist er Honorarprofessor für Allgemeine Kulturwissenschaft und Religionstheorie an der Universität Konstanz, außerdem Ehrendoktor verschiedener Universitäten, darunter der Hebrew University, Jerusalem. 1998 erhielt er den Preis des Historischen Kollegs.Anmerkungen:
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