Claudio Magris: Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur, Kartoniert / Broschiert
Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur
- Aus d. Italien. v. Madeleine von Pasztory, überarb. Ausg.
- Originaltitel: Il mito absburgico nella letteratura austriaca moderna
(soweit verfügbar beim Lieferanten)
- Übersetzung:
- Madeleine von Pásztory
- Verlag:
- Paul Zsolnay Verlag, 03/2013
- Einband:
- Kartoniert / Broschiert, Paperback
- Sprache:
- Deutsch
- ISBN-13:
- 9783552056527
- Artikelnummer:
- 3495699
- Umfang:
- 416 Seiten
- Ausgabe:
- Neuaufl.
- Copyright-Jahr:
- 2013
- Gewicht:
- 511 g
- Maße:
- 213 x 123 mm
- Stärke:
- 35 mm
- Erscheinungstermin:
- 13.3.2013
Kurzbeschreibung
In sechs Kapiteln - von der Zeit Maria Theresias über Nestroy und Grillparzer zu Hofmannsthal, Kraus und Musil - zeichnete der damals zwanzigjährige Triestiner Claudio Margis die Geschichte der habsburgischen Kultur nach und versuchte, in der Vielfalt eine "große Linie zu finden". Das Buch legte damit den Grundstein zu der Wiederentdeckung des k. u. k. Österreich, seiner kulturellen Kontinuitäten und politischen Brüche.
Beschreibung
Claudio Magris' Buch über den habsburgischen Mythos ist in den vierzig Jahren seit seiner Entstehung selbst zum Mythos geworden, zum "Lebensroman seines Autors", ja zur "Karte seiner geistigen und kulturellen Geographie", wie Magris nun im Vorwort zur Neuauflage schreibt. In sechs Kapiteln - von der Zeit Maria Theresias über Nestroy und Grillparzer zu Hoffmannsthal, Kraus und Musil - zeichnete der damals 20-jährige Triestiner die Geschichte der habsburgischen Kultur nach und versuchte, in der Vielfalt eine "große Linie zu finden". Magris' viel diskutiertes Buch legte damit den Grundstein zu der Wiederentdeckung des k. u.k. Österreich, seiner kulturellen Kontinuitäten und politischen Brüche. Neue, durchgesehene Ausgabe.
Auszüge aus dem Buch
"Das österreichisch-ungarische Reich ging 1918 unter. Doch für seine Intellektuellen und Dichter, die mit ihm plötzlich auch ihre Gesellschaft und damit das Fundament ihres Lebens und ihrer Kultur zerstört sahen, für die österreichischen Schriftsteller, die nun mit einem neuen politischen Klima konfrontiert waren, dessen Anforderungen sie ihrer Herkunft nach nicht gewachsen sein konnten, für sie stellte sich - und stellt sich mitunter noch heute - das alte habsburgische Österreich als eine glückliche und harmonische Zeit, als geordnetes und märchenhaftes Mitteleuropa dar, in dem die Zeit nicht so schnell zu vergehen schien und man es anscheinend nicht so eilig hatte, Dinge und Empfindungen des Gestern zu vergessen. In ihrer Erinnerung wurde dieses Österreich zu einem 'goldenen Zeitalter der Sicherheit. Alles in unserer fast tausendjährigen österreichischen Monarchie schien auf Dauer gegründet und der Staat selbst der oberste Garant dieser Beständigkeit... Jeder wußte, wieviel er besaß oder wieviel ihm zukam, was erlaubt und was verboten war. Alles hatte seine Norm, sein bestimmtes Maß und Gewicht' 1. Im verwandelnden Spiegel der Erinnerung war Österreich-Ungarn 'ein alter Staat, von einem greisen Kaiser beherrscht, von alten Ministern regiert, ein Staat, der ohne Ambition einzig hoffte, sich durch Abwehr aller radikalen Veränderungen im europäischen Raume unversehrt zu erhalten' 2. An dieses Zeitalter denkt man freilich nicht als ein 'Jahrhundert der Leidenschaft' 3: Die Männer 'gingen langsam, sie sprachen gemessen und strichen im Gespräch sich die wohlgepflegten, oft schon angegrauten Bärte' 4.
Die Trauer um eine feste und sichere, in alten und beständigen Werten verankerte Welt verband sich in der Erinnerung oft mit dem Heimweh nach der Kindheit, nach den Düften und Farben, die jene Atmosphäre unauslöschlich dem Gedächtnis eingeprägt hatten: 'noch heute kann ich jenen muffigen, modrigen Geruch nicht vergessen, der diesem Haus wie allen österreichischen Amtsbüros anhaftete, und den man bei uns den ärarischen Geruch nannte' 5. In der moralischen Verwirrung des neuen Europa dachte man mit naiver Hingabe oder ironischer Zärtlichkeit daran, daß man damals, in den k. k. Zeiten, noch an bürgerlichen Anstand und Achtbarkeit glaubte: 'Heutzutage sind die Begriffe von Standesehre und Familienehre und persönlicher Ehre ... Überreste unglaubwürdiger und kindischer Legenden, wie es uns manchmal scheint. Damals aber hätte einen österreichischen Bezirkshauptmann von der Art Herrn von Trottas die Kunde vom plötzlichen Tod seines einzigen Kindes weniger erschüttert als die von einer auch nur scheinbaren Unehrenhaftigkeit dieses einzigen Kindes.' 6. So erinnern sich Joseph Roth und Stefan Zweig ihrer Welt von gestern, die Stürme hinweggefegt hatten, die größer waren als sie; einer Welt, deren ohnmächtige Langsamkeit und scheinheilige Mittelmäßigkeit Zweig selbst zugab, die aber in der Erinnerung zum idealen Vaterland wurde, das, regungslos und gealtert, doch Tugenden bewahrt hatte, die inzwischen unglaublich erschienen: würdevoller Anstand und Korrektheit, pedantischer Respekt und gemütliche Ruhe, flüchtige und wehmütige Lebensfreude. Dieser Prozeß einer phantastischen und poetischen Verwandlung der untergegangenen Donaumonarchie kennzeichnet einen Großteil der nach der Apokalypse des Jahres 1918 entstandenen Literatur ..."
Biografie (Claudio Magris)
Claudio Magris, 1939 in Triest geboren, lehrt deutsche Literatur in Triest. 2005 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur sowie 2008 den Kythera-Preis. 2009 wurde Claudio Magris mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, 2010 bekam er den Europäischen Essay-Preis Charles Veillon.Anmerkungen:
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