Die NS-Gaue
Die NS-Gaue
Buch
- Regionale Mittelinstanzen im zentralistischen "Führerstaat"?
- Herausgeber: Jürgen John, Thomas Schaarschmidt, Horst Möller
- De Gruyter Oldenbourg, 10/2007
- Einband: Kartoniert / Broschiert, Paperback
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783486580860
- Bestellnummer: 5520549
- Umfang: 484 Seiten
- Copyright-Jahr: 2007
- Gewicht: 768 g
- Maße: 239 x 161 mm
- Stärke: 34 mm
- Erscheinungstermin: 22.10.2007
- Serie: ISSN
Kurzbeschreibung
Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte SondernummerEinblicke in das NS-Herrschaftssystem
Wenn in der NS-Forschung der letzten Jahrzehnte von Gauen und Gauleitern die Rede war, richtete sich das Interesse vornehmlich auf die Parteistrukturen. Oder sie dienten als Fallbeispiele für regionalhistorische Detailstudien. Es fehlt hingegen bis heute eine systematisch-vergleichende Erforschung der NS-Gaue als konstitutive Elemente "neuer Staatlichkeit", wie sie sich im nationalsozialistischen "Führerstaat" seit Mitte der 1930er Jahre herausbildete. Hier setzt der vorliegende Band an. Das Ergebnis bietet erhellende Einblicke nicht nur in die regionalen Strukturen des NS, sondern in das Herrschaftssystem insgesamt. Themenfelder sind: Rassenpolitik und "Euthanasie", "Arisierung" und "Gegnerbekämpfung", Wissenschaft, Bildung, Kultur, Gauverwaltung, Gaue des "Altreichs", Die "Reichsgaue".
Inhaltsangabe
1;Inhalt;62;Vorwort der Herausgeber;8
3;1. Grundfragen;14
3.1;Regionalität im Nationalsozialismus Kategorien, Begriffe, Forschungsstand;14
3.2;Die Gaue im NS-System;23
3.3; Neue Staatlichkeit Überlegungen zu einer systematischen Theorie des NS-Herrschaftssystems und ihrer Anwendung auf die mittlere Ebene der Gaue;57
3.4;Dem Gauleiter entgegen arbeiten? Überlegungen zur Reichweite eines Deutungsmusters;81
3.5;Kommentar: Strukturelle Grundfragen;101
4;2. Politikfelder;106
4.1;2.1 Rassenpolitik und Euthanasie ;106
4.1.1;Dezentralisierter Krankenmord. Zum Verhältnis von Zentralgewalt und Regionalgewalten in der Euthanasie seit 1942;124
4.1.2;Kommentar: Regionalpotentaten oder Akteure auf Reichsebene?;137
4.2;2.2 Wissenschaft, Bildung, Kultur;142
4.2.1;Fragiles Gleichgewicht. Die Kulturarbeit der Gaue zwischen Regionalismus und Zentralismus;142
4.2.2;Gaue und Länder als Akteure der nationalsozialistischen Schulpolitik. Württemberg als Sonderfall und Musterbeispiel im Altreich;160
4.2.3;Hochschulpolitik zwischen Gau und Reich;178
4.2.4;Kommentar;195
5;3. Die NS-Gaue Gauverwaltung und Gau-Porträts;200
5.1;3.1 Gauverwaltung;200
5.1.1;Die Gaue als Verwaltungseinheiten der NSDAP. Entwicklungen und Tendenzen in der NS-Zeit;200
5.1.2;Das wirtschaftspolitische Gauamt: der Gauwirtschaftsberater;219
5.2;3.2 Gau-Porträts;235
5.2.1;3.2.1 Gaue des Altreichs ;235
5.2.1.1;Bayern ein Land, sechs Gaue;255
5.2.1.2;Der brandenburgische NS-Gau Eine Bestandsaufnahme;264
5.2.1.3;Der Gau Pommern eine preußische Provinz als NS-Gau;281
5.2.1.4;Provinz oder Gau? Die beiden westfälischen NS-Gaue auf dem beschwerlichen Weg zu regionalen Funktionsinstanzen des NS-Staates;295
5.2.1.5;Der Gau Köln-Aachen und Grenzlandpolitik im Nordwesten des Deutschen Reiches;319
5.2.1.6;Rassen- und Bevölkerungspolitik in einem expandierenden Gau: Rheinpfalz Saarpfalz Westmark;335
5.2.1.7;Zwischen Altreich und Besatzungsgebiet. Der Gau Oberschlesien 1939 / 41 1945;349
5.2.1.8;Kommentar;362
5.2.2;3.2.2 Die Reichsgaue ;365
5.2.2.1;Der Reichsgau Steiermark 1938 1945;365
5.2.2.2; Land und Reichsgau Salzburg (1938 1945);379
5.2.2.3;Expansion und regionale Herrschaftsbildung in der Ostmark am Beispiel des Gaues Tirol-Vorarlberg;387
5.2.2.4;Die Reichsgaue Danzig-Westpreußen und Wartheland: Koloniale Verwaltung oder Modell für die zukünftige Gauverwaltung?;396
5.2.2.5;Kommentar und Forschungsforderungen;407
6;Forschungsliteratur und gedruckte Quellen;416
7;Karten, Tabellen und Abbildungen;457
7.1;I. Karten;457
7.2;II. Tabellen;461
7.3;III. Abbildungen;473
8;Abkürzungen;476
9;Autoren;479
10;Personenregister;480
Klappentext
Wenn in der NS-Forschung der letzten Jahrzehnte von Gauen und Gauleitern die Rede war, richtete sich das Interesse vornehmlich auf die Parteistrukturen. Oder sie dienten als Fallbeispiele für regionalhistorische Detailstudien. Es fehlt hingegen bis heute eine systematisch-vergleichende Erforschung der NS-Gaue als konstitutive Elemente "neuer Staatlichkeit", wie sie sich im nationalsozialistischen "Führerstaat" seit Mitte der 1930er Jahre herausbildete. Hier setzt der vorliegende Band an. Das Ergebnis bietet erhellende Einblicke nicht nur in die regionalen Strukturen des NS, sondern in das Herrschaftssystem insgesamt. Themenfelder sind: Rassenpolitik und "Euthanasie"; "Arisierung" und "Gegnerbekämpfung"; Wissenschaft, Bildung, Kultur; Gauverwaltung; Gaue des "Altreichs"; Die "Reichsgaue". Aus dem Inhalt: Vorwort der Herausgeber 1. Grundfragen Thomas Schaarschmidt, Regionalität im Nationalsozialismus Kategorien, Begriffe, Forschungsstand Jürgen John, Die Gaue im NS-System Rüdiger Hachtmann, "Neue Staatlichkeit" Überlegungen zu einer systematischen Theorie des NS-Herrschaftssystems und ihrer Anwendung auf die mittlere Ebene der Gaue Bernhard Gotto, Dem Gauleiter entgegen arbeiten? Überlegungen zur Reichweite eines Deutungsmusters Michael Ruck, Kommentar 2. Politikfelder 2.1 Rassenpolitik und "Euthanasie" Ingo Haar, Biopolitische Differenzkonstruktionen als bevölkerungspolitisches Ordnungsinstrument in den Ostgauen: Raum- und Bevölkerungsplanung im Spannungsfeld zwischen regionaler Verankerung und zentralstaatlichem Planungsanspruch Winfried Süß, Zur Rolle der Gaue in der regionalisierten "Euthanasie" (1942-1945) Susanne Heim, Kommentar 2.2 Wissenschaft, Bildung, Kultur Martina Steber, Fragiles Gleichgewicht. Die Kulturarbeit der Gaue zwischen Regionalismus und Zentralismus Jürgen Finger, Gaue und Länder als Akteure der nationalsozialistischen Schulpolitik. Württemberg als Sonderfall und Musterbeispiel im Altreich Michael Grüttner, Hochschulpolitik zwischen Gau und Reich Willi Oberkrome, Kommentar 3. Die NS-Gaue Gauverwaltung und Gau-Porträts 3.1 Gauverwaltung Armin Nolzen, Die Gaue als Verwaltungseinheiten der NSDAP. Entwicklungen und Tendenzen in der NS-Zeit Gerhard Kratzsch, Das wirtschaftspolitische Gauamt: der Gauwirtschaftsberater 3.2 Gau-Porträts 3.2.1 Gaue des "Altreichs" Detlef Schmiechen-Ackermann, Das Potential der Komparatistik für die NS-Regionalforschung Vorüberlegungen zu einer Typologie von NS-Gauen und ihren Gauleitern anhand der Fallbeispiele Süd-Hannover-Braunschweig, Osthannover und Weser-Ems Walter Ziegler, Bayern Ein Land, sechs Gaue Kristina Hübener/ Wolfgang Rose, Der brandenburgische NS-Gau Eine Bestandsaufnahme Kyra Inachin, Der Gau Pommern Eine preußische Provinz als NS-Gau Wolfgang Stelbrink, Provinz oder Gau? Die beiden westfälischen NS-Gaue auf dem beschwerlichen Weg zu regionalen Funktionsinstanzen des NS-Staates Thomas Müller, Der Gau Köln-Aachen und Grenzlandpolitik im Nordwesten des Deutschen Reiches Wolfgang Freund, Rassen- und Bevölkerungspolitik in einem expandierenden Gau: Rheinpfalz Saarpfalz Westmark Ryszard Kaczmarek, Zwischen Altreich und Besatzungsgebiet. Der Gau Oberschlesien 1939 / 41-1945 Michael Kißener, Kommentar 3.2.2 Die "Reichsgaue" Martin Moll, Der Reichsgau Steiermark 1938-1945 Ernst Hanisch, "Land" und "Reichsgau" Salzburg 1938-1945 Michael Wedekind, Expansion und regionale Herrschaftsbildung in der "Ostmark" am Beispiel des Gaues Tirol-Vorarlberg Dieter Pohl, Die Reichsgaue Danzig-Westpreußen und Wartheland: Koloniale Verwaltung oder Modell für die zukünftige Gauverwaltung? Magnus Brechtken, KommentarAuszüge aus dem Buch
2. Politikfelder (S. 105)2.1 Rassenpolitik und "Euthanasie"
Ingo Haar
Biopolitische Differenzkonstruktionen als bevölkerungspolitisches Ordnungsinstrument in den Ostgauen: Raum- und Bevölkerungsplanung im Spannungsfeld zwischen regionaler Verankerung und zentralstaatlichem Planungsanspruch
1. Nationalsozialistische Polenpolitik: Heinrich Himmler und Hitlers "neue Ordnung der ethnographischen Verhältnisse"
Als Hitler am 12. März 1938 Österreich überfiel und am 29. September 1938 durch das Münchener Abkommen Böhmen und Mähren an das Reich band, war für das Deutsche Reich ein Teil der Grenzverschiebungen der Versailler Nachkriegsordnung gewaltsam revidiert. In Folge des Münchener Abkommens erzielte Hitler den Beitritt der neu entstandenen Slowakei und Ungarns zu den Achsenmächten. Der erste Wiener Schiedsspruch vom 2. November 1938 regelte die Rückgabe von Teilen der Südslowakei und der Karpato-Ukraine an Ungarn.
Somit erhielt auch Ungarn einen Teil der Gebiete zurück, die dieser Staat nach dem Vertrag von Trianon an die damalige Tschechoslowakei verloren hatte. Was Hitler anstrebte, war aber mitnichten die alleinige Revision der Pariser Vorortverträge, sondern der Aufbau eines "Großdeutschen Reiches" – quasi als "Erbe der Donaumonarchie" und im wesentlichen zu Lasten der territorialen Integrität Polens – und die Gewinnung neuen Lebensraumes vor allem in Ostmitteleuropa.
In der Tat einigten sich Hitler und Stalin am 23. August 1939 darauf, Polen gemeinsam anzugreifen und aufzuteilen: An das Deutsche Reich fielen demzufolge alle Gebiete westlich der Flüsse Narew, Weichsel und San, alle Gebiete östlich dieser Linie gingen an die Sowjetunion. Als beide Seiten am 28. September erneut zusammentraten, um Polens vierte Teilung zu besiegeln, einigten sich die Vertragspartner darauf, dass Deutschland bis an den Bug vorrücken könne, womit Hitler zusätzlich die Woiwodschaften Warschau und Lublin erhielt, während Stalin Litauen als Herrschaftsgebiet reklamierte.
Ferner wurde ausgehandelt, dass sämtliche Angehörige deutscher Minderheiten, die in den der Sowjetunion zugeschlagenen Gebieten lebten, für die Übersiedlung in das "Deutsche Reich" optieren konnten. Ebenfalls am 28. September 1939 legte Hitler seine Idee von der Erringung der deutschen Weltherrschaft gegenüber Vertretern der Wehrmacht offen. Seine weitreichenden Pläne enthielten auch eine umfassende Genozidandrohung: "Dschingis Chan hat Millionen Frauen und Kinder in den Tod gejagt, bewußt und fröhlichen Herzens. Die Geschichte sieht in ihm nur den großen Staatengründer.
[...] Ich habe den Befehl gegeben [...], daß das Kriegsziel nicht im Erreichen von bestimmten Linien, sondern in der physischen Vernichtung des Gegners besteht. So habe ich, einstweilen nur im Osten, meine Totenkopfverbände bereitgestellt mit dem Befehl, unbarmherzig und mitleidslos Mann, Weib und Kind polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken. Nur so gewinnen wir den Lebensraum, den wir brauchen. Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier? [...] Polen wird entvölkert und mit Deutschen besiedelt. [...] Nach Stalins Tod, er ist ein schwerkranker Mann, zerbrechen wir die Sowjetunion. Dann dämmert die deutsche Erdherrschaft herauf."
Wie Hitlers Pläne schrittweise umgesetzt werden sollten, zeigte der Befehl Reinhard Heydrichs vom 21. September 1939 an die Chefs seiner Einsatzgruppen. Diese sollten die ehemaligen preußischen Ostgebiete, aber auch die "besetzten Gebiete[...]" Polens von "Jud
Biografie (Jürgen John)
Jürgen John ist Professor für mitteldeutsche Regionalgeschichte.Biografie (Thomas Schaarschmidt)
Thomas Schaarschmidt, geb. 1960, wiss. Mitarbeiter (Abteilungsleiter) am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF).Biografie (Horst Möller)
Horst Möller, geboren 1943, ist Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München und Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a.: Weimar. Die unvollendete Demokratie (1997), Fürstenstaat oder Bürgernation. Deutschland 1763-1815 (1998), Europa zwischen den Weltkriegen (1998).Anmerkungen:
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