Sabine Herre: Gebrauchsanweisung für das Baltikum
Gebrauchsanweisung für das Baltikum
Buch
- Piper, 04/2014
- Einband: Kartoniert / Broschiert
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783492276467
- Bestellnummer: 3839071
- Umfang: 224 Seiten
- Nummer der Auflage: 19004
- Auflage: 4. Auflage
- Copyright-Jahr: 2014
- Gewicht: 262 g
- Maße: 193 x 118 mm
- Stärke: 25 mm
- Erscheinungstermin: 14.4.2014
Beschreibung
Sie könnten unterschiedlicher nicht sein und haben doch vieles gemeinsam: Litauen, Lettland und Estland. Sabine Herre, seit Sowjetzeiten in der Region unterwegs, spürt den Schönheiten des Baltikums nach.Was ist das Baltikum? Eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist und der Sabine Herre auf den Grund geht. Dabei öffnet sie uns die Augen für das weitläufige Litauen, wo die meisten Störche leben, das lebhafte Lettland, welches als die "östlichste" der baltischen Nationen gilt, und das stolze Estland, das sich mit den Finnen die Melodie der Nationalhymne teilt. Und sie durchstreift genussvoll ihre Hauptstädte: die Barockmetropole Vilnius, die das geografische Zentrum Europas markiert, die Jugendstilhochburg Riga, in der Szenebars in verfallenen Altbauten locken, und das mittelalterliche Tallinn, das zugleich ein Hotspot modernster Technik ist. Am Ende versteht man, warum kulturell so einzigartige Länder nur gemeinsam ihre Unabhängigkeit erlangen konnten.
Rezension
"Ein Highlight der Reihe ist für mich der Reiseführer Baltikum von Sabine Herre.", 30.06.2014Klappentext
Von der Kurischen Nehrung bis zum Hightech in Tallinn Endlose Sandstrände, sanfte Landschaften und pulsierende Metropolen: Sabine Herre, seit Sowjetzeiten in Litauen, Lettland und Estland unterwegs, entdeckt eine der schillerndsten Regionen Europas, die sowohl Naturliebhaber als auch Kulturreisende begeistert. Sie besucht elegante Küstenorte sowie Nationalparks; durchstreift das barocke Vilnius, die Jugendstilhochburg Riga und das mittelalterlich geprägte Tallinn. Dabei entdeckt sie eine Welt, in der Geister und Altgläubige ebenso Platz haben wie modernste Museen und rekordverdächtige Sängerfeste. Und wo man die weißen Nächte so ausgelassen feiert wie nirgendwo sonst.Auszüge aus dem Buch
Ankunft Freitag Nachmittag in VilniusWas Straßencafés über die Lage des Baltikums in Europa aussagen
Bevor das Flugzeug auf dem Vilniaus oro uostas, dem Flughafen von Vilnius, landet, fliegt es in einem weiten Bogen über die Stadt. Die Maschine ist dabei schon ziemlich niedrig, und so sind die Kirchtürme der Hauptstadt zum Greifen nahe. Wie lange Finger, die immer schlanker werden, scheinen sie an den Wolken zu kratzen. Ein Bild, das der litauische Maler Ludomir Sle dzi ski in seinem "Oratorium" festgehalten hat. Auf ihm bilden graue Wolkenmassen die Fortsetzung der weißen und rosafarbenen Kirchen ein barocker Himmel über barocken Türmen. Wenn Sie jedoch genau hinsehen, dann zeigt sich auf diesem wohl bedeutendstem Gemälde von Vilnius noch etwas anderes, Überraschendes: Von den Spitzen der Kirchen wachsen helle Strahlen in den Himmel. Strahlen, die zu Kreuzen werden oder zu Sonnen. Ganz hinten, über Sankt Katharina, der Lieblingskirche so vieler Hauptstädter, bringen sie den grauen Himmel zum Leuchten.
Das Kreuz mit dem Strahlenkranz der Sonne, es wird Ihnen auf dieser Reise ins Baltikum immer wieder begegnen. Fast ist es so etwas wie die kulturgeschichtliche Einführung in die Seele der Balten. In die heidnische Seele der Balten. Besonders die Litauer, aber auch Esten und Letten verehrten Bäume, Schlangen, Steine. Und das auch dann noch, als der Rest Europas schon lange christianisiert war. Eine besondere Position in ihrem hundertköpfigen Olymp nahmen die Götter ein, die für das Wetter verantwortlich waren: der Donnergott Perk nas oder eben Saule, die wärmende Sonne. Bis heute werden Mädchen in Litauen auf diesen Namen getauft. Zwar gilt das Land seit dem 15. Jahrhundert als christianisiert. Doch als nach der Wende Algirdas Brazauskas 1993 in sein Amt als litauischer Staatspräsident eingeführt wurde, da fand die Inauguration nicht nur in der Kathedrale von Vilnius statt, sondern mit einem heidnischen Ritual auch auf dem Hügel, auf dem die Stadt zu heidnischen Zeiten gegründet worden war. Dies stieß im Rest Europas verständlicherweise auf Befremden und wurde nicht wiederholt. Die Bedeutung jedoch, die die Sonne bis heute für alle Balten hat, die können Sie live miterleben: im Juni bei der Sommersonnenwende. Ein größeres Fest gibt es nicht. Und auch keines, das zugleich so fröhlich und so melancholisch ist.
Wer zum ersten Mal ins Baltikum reist und diese Reise in Vilnius beginnt, fühlt sich noch nicht ganz in der Fremde. Vor allem den Süddeutschen, den Katholiken, den Liebhabern des Barock ist hier vieles vertraut. Nicht umsonst wird Vilnius auch Baby Prague oder Little Rome genannt. Wissenschaftler haben ausgerechnet im Jahr des Mauerfalls festgestellt, dass der geografische Mittelpunkt Europas nicht etwa in Deutschland, sondern genau hier, 25 Kilometer nördlich von Vilnius, liegt. Bestätigt fühlen konnten sich so all jene mitteleuropäischen Schriftsteller und Philosophen, die wie der Tscheche Milan Kundera das Zentrum Europas schon lange vor der Wende "in dem Raum zwischen Russland und Deutschland" verortet hatten. Kundera lobte in seinem Essay "Die Tragödie Mitteleuropas" die um ihre Identität kämpfenden "kleinen" Nationen, allerdings meinte er damit allein Tschechen, Slowaken, Ungarn und Polen. Indem er die baltischen Staaten vergaß, machte er den gleichen Fehler, den er dem "Westen" vorwarf. Er schlug sie einer "östlichen Zivilisation" zu, die geprägt sei von Orthodoxie und Despotismus.
Dabei muss man gar nicht zu so großen Begriffen greifen. Dass es einen Unterschied zwischen westlicher und östlicher Zivilisation gibt, das erfuhr ich bei meiner ersten Reise in die Region bereits in den kleinen Dingen des Alltags. Auf der Hauptstraße von Sankt Petersburg, dem berühmten Newskiprospekt, war es Mitte der Achtzigerjahre unmöglich, auch nur ein einziges Kaffeehaus zu finden. Wer etwas trinken wollte, musste sich mit warmer Milch an einem Stehtisch in einem Schnellrestaurant be
Biografie
Sabine Herre ist als Redakteurin bei der"taz"für die Berichterstattung über Politik und Reform der Europäischen Union zuständig. Sie schreibt aber immer wieder über Kulinarisches - besonders auch über die Slow Food-Bewegung.Anmerkungen:
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