Gunter Gebauer: Gebauer, G: Poetik des Fußballs
Gebauer, G: Poetik des Fußballs
Buch
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- Campus Verlag GmbH, 03/2006
- Einband: Flexibler Einband, ,
- ISBN-13: 9783593379463
- Umfang: 179 Seiten
- Sonstiges: m. SW-Fotos.
- Copyright-Jahr: 2006
- Gewicht: 235 g
- Maße: 213 x 141 mm
- Stärke: 15 mm
- Erscheinungstermin: 13.3.2006
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Kurzbeschreibung
Mehr als ein Kampf um Tore Fußball ist nicht nur sportlicher Wettkampf und Geschäft, sondern ein Spiel, in dem körperliche Leistung so wichtig ist wie taktische Intelligenz und in dem Rohheit ebenso zu sehen ist wie tänzerische Eleganz. Wer im Spiel mit dem Ball das Publikum verzaubert, wird zum Star.Beschreibung
Gunter Gebauer entführt uns in eine Fußballwelt, die wir alle kennen und doch so noch nicht gesehen haben. Er präsentiert das Spiel der Spiele als Arena des Lebens und zeigt, wie das Phänomen Fußball sämtliche Facetten unserer modernen Gesellschaft widerspiegelt: Auf dem Rasen geht es um Macht und Zufall, Gewalt und Ohnmacht, Gewinn und Verlust, Regeln und Regelbrüche. In den Stadien werden nationale Identitäten geschaffen und mit heiligem Ernst Ersatzreligionen gelebt, die nicht allein in den Fankulturen zum Ausdruck kommen. Auf Spielfeld und Rängen werden Heldentum und Männlichkeit zelebriert, Triumphe gefeiert und Tragödien durchlitten. Das Regelwerk desFußballs erscheint als Abbild der sozialen Regeln, die wir befolgen, aber auch verletzen, und deren Nichteinhaltung wir sanktionieren. Kurz: In diesem Buch geht es um die letzten Geheimnisse des Fußballs als Spiegel unserer Kultur.
Inhaltsangabe
VorwortEinleitung Ein gemeines Spiel
1 Poetik des Fußballspiels
2 Faszination und Initiation
3 Was interessiert Frauen am Fußball?
4 Bewegte Gemeinden Über das Heilige im Fußball
5 Das deutsche Fußballtheater Fußball als nationales Gedächtnis
6 Die Regeln und die List
7 Hooligans und der Mythos des Bösen
Nachwort - Meine Helden, mein Leben
Literatur
Bildnachweis
Drucknachweis
Auszüge aus dem Buch
VorwortFußball stellt die Gesellschaft, in der dieser gespielt wird, unter einem ungewöhnlichen Blickwinkel dar. In seinen Spielen geht es um Macht und Zufall, Gewalt und Ohnmacht, Regelfolgen und Regelbrechen, um die Heroisierung des Subjekts und das Wiedererkennen der eigenen nationalen Identität, um die neue Rolle des Heiligen in der Gesellschaft und die Geschlechterbeziehungen. Fußball ist mit allen seinen Fasern in die Gegenwartskultur und in das Leben seiner Liebhaber eingewoben. Seine genaue Betrachtung lässt Aspekte erkennen, die sonst entweder unbemerkt oder bedeutungslos bleiben würden.
Alle Spieler werden gleichermaßen von den Leistungen der Hände und der Sprache ausgeschlossen. Das Geschehen im Fußball spielt sich am Boden ab, nicht in Augenhöhe; der Kopf dient zum Stoßen. Auf den Fuß werden Aufgaben der Gewalt übertragen; im Spiel werden sie zu einer Kunstfertigkeit veredelt. Der Fuß wird eingesetzt, um zu dominieren, aber der Ball entzieht sich der Machtausübung. Im Fußball braucht man, neben der Bereitschaft zur Gewalt, eine Intuition für den Lauf des Balls und das Spiel.
Die Spieler dürfen gegenüber dem Ball keinen Stolz haben, sondern müssen ihn hinnehmen wie ein Schicksal. Dennoch ist er nicht übermächtig: Es gibt herausragende Spieler, die ihn bezwingen können. Dies ist ein Ideal der Moderne: Alles wird zwischen den Menschen entschieden; man kann das Schicksal meistern. Der Spielraum, den sich ein Spieler verschafft, gibt diesem Größe. Darin liegt etwas Aristokratisches, aber auch etwas Verschlagenes. Der Fußballheld ist ein gemischter Charakter, zusammengesetzt aus dem Hohen und dem Niedrigen, ein zweideutiger Held, eine Kippfigur.
Fußball lebt vom Heldentum. Die Frage, ob dieses echt oder angemaßt ist, geht an der Sache vorbei. Sie verkennt, dass ein Held keine objektive Wirklichkeit besitzt, sondern eine Figur ist, die Werte, Stimmungen, Gefühle und den Glauben einer geschichtlichen Epoche in ihrem Handeln bündelt. Ein Held ist, wer Zeit in Taten fasst. Das Einmalige, das ihn auszeichnet, kommt im Vergehen der Zeit an die Oberfläche, wie aus den Strudeln eines sich entfernenden Schiffs. Seine Bedeutung entsteht aus der Erinnerung seiner Getreuen; sie ist von Sehnsucht nach Größe geprägt, die diese in ihrer Gegenwart vermissen. Ihre Erzählungen von der Poesie des Fußballs haben den Ton der Melancholie.
Im Fußball findet man etwas, was der Welt verloren gegangen ist (wenn sie dieses jemals besessen haben sollte) eine Herrschaft, die sich nicht nur auf Macht, sondern auch auf Ästhetik gründet. Sie entsteht, wenn das Spiel mit dem rohen Fuß in einem glücklichen Augenblick mit Rhythmus und Grazie zusammentrifft. Eine solche Vereinigung ist ein unwahrscheinliches Ereignis. Es sind so viele Widrigkeiten zu überwinden: die Tücke des Balls, der Widerstand der Gegner, die Enge des Platzes, die Wortlosigkeit der Verständigung. Wenn der unwahrscheinliche Augenblick mit einem Schlag doch in die Wirklichkeit eintritt, wird er für alle Beteiligten zur Ursache unbeschreiblicher Empfindungen. Wie immer man diese nennt, ist er ein Moment erlebter Poesie. Anders als in der Kunst, kann er auch Quelle von Unglück sein, wenn er nämlich von der gegnerischen Mannschaft hervorgebracht wird.
Die Poesie des Fußballs entsteht nicht aus einem freien Spiel der Ein bildungskraft, sondern ist an einen Standpunkt gebunden. Sie ist parteiisch und wirkt unmittelbar auf ihre Liebhaber. Sie beflügelt deren Fähigkeit, glücklich zu sein, und bestärkt ihre Neigung, sich unglücklich zu machen. Sie greift in ihr Leben ein, wenn sie fähig sind, sich in ein Spiel zu verlieren.
Auch wenn Fußball von Menschen gespielt wird, entsteht seine Poesie nicht durch menschliche Handlungen allein. In die unvergesslichen Spiele mischt sich etwas ein, was über den Menschen hinausgeht. Der Zufall lässt unfassbare Dinge entstehen: übermenschliches Gelingen, aber auch unbegreifliches Versagen. Eine
Biografie
Gunter Gebauer ist Professor für Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der historischen Anthropologie, der Sprach- und Sozialphilosophie sowie der Philosophie des Sports.Anmerkungen:
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